Neuer völkischer Bund?

In der Region um Dresden sind vor einigen Tagen zwei mit Uniformen versehene Mädchengruppen aufgefallen, bei denen aufgrund des Habitus vermutet wurde, es könne sich um rechte Jugendgruppen handeln. „Uniformen, die stark an die Nazi-Mädchenorganisation BDM erinnern“ (Khakifarbenes Hemd, blauer Rock sowie Zöpfe) in Kombination mit einem germanischen Symbol (Wotansknoten) als Ärmelwappen, das war natürlich geeignet, um die Feststellung zu treffen, dass sich in Sachsen entsprechende Gruppen wohl bzw. sicher fühlen können. Jesko Wrede, vielen als Kenner solcher Gruppierungen bekannt, sortierte das ganze inzwischen für watson.de ein. Auch ihm war die Gruppierung mit dem Wotansknoten unbekannt, die andere Gruppe hingegen, die mit rötlich gefärbten Takelblusen in Dresden gesungen hatte, identifizierte er anhand ihres Abzeichens zweifelsfrei als Gruppe des Freibundes. Das Hintergrundgespräch mit watson.de findet man hier. Jesko stellte auch die Bemühungen dar, sich als Pfadfinder oder Jugendbewegter von dieser völkischen Szene abzugrenzen.

So mancher bekam beim „Nazivorwurf aufgrund von Äußerlichkeiten“ (einheitliches Hemd, Rock und Zopf) nämlich direkt wieder einen riesen Schrecken, weil ihm diverse nicht-rechtslastige Gruppen einfielen, die auch so rumrennen. Manche von diesen unbedenklichen Gruppen tragen zudem sogar Abzeichen, die germanische oder deutsche Symbole darstellen (Spinnrocken, Wappentier). Dass Zöpfe in der Zeit des Nationalsozialismus als altbacken galten und gewiss nicht die „Leitnorm“ der Jugendorganisation waren (auch auf offiziellen Bildtafeln zur Darstellung der „Tracht des BDM“ überwogen moderne Kurzhaarfrisuren) weiß heutzutage hingegen sowieso keiner mehr; auch die Mädels nicht, für welche die Zöpfe tatsächlich ein Statement für ein „germanisches Kulturverständnis“ sind. Und „erfunden“ hatten die Nationalsozialisten auch den Stil der Uniform nicht, sondern natürlich ihrerseits von den Pfadfindern abgekupfert. Man wird also – sofern man es nicht wie der BDP handhabt und keine Uniform trägt – auch in hundert Jahren nicht um Vergleiche oder Zuordnungen aufgrund von Äußerlichkeiten herumkommen. Mag sein, dass dieses Verwechslungspotenzial von tatsächlich rechtslastigen Gruppierungen auch gezielt zur Tarnung als „harmlose Pfadfindergruppe“ missbraucht wird. Dann würde auch eine Abkehr von Röcken und Zöpfen nichts bringen. Was nicht heißen soll, dass man zur Untätigkeit verdammt wäre. Es heißt sensibel und wachsam zu sein für das, was sich da bei den völkischen Gruppierungen tut und sich immer wieder inhaltlich deutlich davon abzugrenzen – äußerlich würde es nämlich wie dargelegt unter Umständen schwierig.


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Eine Antwort zu „Neuer völkischer Bund?“

  1. Avatar von JoAchim NEUMANN
    JoAchim NEUMANN

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