Wie uns Reisen glücklich macht

Julia Lassner, Autorin des Blogs globusliebe, hat ein Büchlein verfasst vom „Aufbrechen, Loslassen und Ankommen“ und dem Titel „Wie uns Reisen glücklich macht“. Das macht natürlich neugierig. Pfadfinder kennen das ja durchaus, das Fernweh. Die Begeisterung, einfach den Rucksack zu schnappen und sich ins Unbekannte zu begeben. Das Fremdeln mit Alltagstrott (Aufstehen, Arbeiten, abendliche Ermüdung, der oft scheiternde Versuch, unerfüllende oder überfordernde Berufstätigkeit mit Wochenenden oder dreiwöchigen Urlaubsreisen auszugleichen). Auch die Midlife-Crisis scheint heutzutage weniger die Vierzigjährigen, denn schon die Dreißigjährigen zu beuteln. Irgendwie scheint ja auch eine Vielfalt von Optionen zu bestehen, die früher übliche Variante Ausbildung, Heiraten, Kinder kriegen/zeugen/aufziehen und Brot-Job bis zum Ende des Lebens zu machen (und damit zufrieden zu sein), scheint irgendwie für viele eher ein Gruselkabinett zu sein.

Julia Lassner, die den Sprung in die Selbständigkeit mit ihrem Reiseblog bereits erfolgreich wagte, versammelt auf den nur 142 Seiten eigene kurze Reiseberichte ebenso, wie Sinnsprüche verschiedenster Urheber und Interviews mit anderen „Aussteigern“. Ihr ist in jedem Fall zuzustimmen, dass das eigene Leben eben nicht unbegrenzt ist und es ein Fehler ist, die Umsetzung seiner Träume immer auf den nächsten Tag zu vertagen. Doch über Gedankenanstöße und die Anleitung zur Erstellung einer eigenen Liste mit Wunschzielländern kommt das Büchlein kaum hinaus. Ich musste feststellen: Meine Ziele und Wünsche im Leben reduzieren sich ganz offensichtlich nicht darauf, eine Liste mit Orten und Ländern zu erstellen, die ich dann, sobald ich sie bereist habe, abhaken kann. Den Vorschlag, sich seiner Träume bewusst zu werden und sie zu Zielen zu machen, kann ich durchaus etwas abgewinnen. Das aber aufs Reisen zu reduzieren, erscheint mir absurd. So kommen die besten Gedanken im Buch auch nicht von Julia Lassner selbst, sondern sind diese netten Zitate von bekannteren (oder unbekannten Personen) wie Demokrit: „Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.“

Ihr Buch hat Ratgeber-Charakter, aber skizziert allenfalls die Oberfläche der Motivation des Reisens (letztlich zu sich selbst), die Überwindung von scheinbaren Widerständen, der Vor- und Nachteile des Alleinreisens und das Problem von Kulturschocks und vereint sie mit Tipps auf dem Niveau von „Nimm an einem landestypischen Kochkurs teil.“ Das wäre zu verkraften, käme es nicht mit dem stolzen Preis von 14€ einher. Ja, das Büchlein ist hübsch gestaltet und zeigt auf vielerlei total gestellten und gekünstelten Bildern die Bloggerin vor idyllischer Kulisse. Der größte A-ha-Effekt war dann doch, dass das beliebteste Hesse-Gedicht „Stufen“ mit dem Zauber, der jedem Anfang innewohnt offenbar von Meister Eckart inspiriert wurde: „Und plötzlich weißt du: Es ist Zeit, etwas Neues zu beginnen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.“

Das Büchlein ist geschmeidig, tut nicht weh, dringt aber auch nicht bis zur echten Tiefe vor, wenngleich Ansätze dazu durchaus vorhanden sind:
„Darum lass uns unsere verrückten Träume leben, in die Welt aufbrechen und unsere eigenen Wege gehen. Lass uns lachen, fluchen und heulen, auf die Schnauze fallen, wieder aufstehen und weitermachen. Lass uns unsere eigenen Grenzen sprengen, neugierig sein und uns selbst verlieren, um uns am Ende wiederzufinden und über uns selbst hinauszuwachsen.“ Davon hätte man gern mehr gelesen.

Julia Lassner
Wie uns Reisen glücklich macht
ISBN 978-3-451-03176-2
14€ (D)


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