Das dreitägige Openair-Spektakel „Pfadi Folk Festival“ der Schweizer Pfadi, welches Ende August mit 4000 Teilnehmern in Orpund bei Biel stattgefunden hatte, hat ein erhebliches Nachspiel: Ein kaputtes Naturschutzgebiet und wütende Gläubiger. Das Organisationskommitee ist bankrott und räumt Fehler ein.Das Pfadi Folk Festival – kurz PFF – ist ein dreitägiges Openair für Schweizer Pfadfinder ab 16 Jahren und lokale Bevölkerung, das alle vier Jahre an einem anderen Ort stattfindet und durch wechselnde Kommitees organisiert wird. Damit soll der Austausch aller Pfadi auch über Sprachgrenzen hinaus gefördert werden.
Das diesjährige Organisationskommitee (kurz: OK) wollte das «beste Pfadi-Folk-Fest aller Zeiten» auf die Beine stellen, bei dem ein wirklich breites Publikum angesprochen werde. Über 20 Bands aus dem In- und Ausland wurden angeworben, es gab Workshops, einen Chill-out-Bereich mit Massageatelier, geheizten Whirlpools und eine Großraumsauna für 80 Personen. Das kostete zwar alles Geld, aber das OK rechnete mit 4000 bis 6000 zahlenden Besuchern. Tatsächlich kamen aber nur 4500 – und davon zahlten zudem nur 3500, denn die übrigen waren Helfer oder geladene Gäste. Dabei muss, schon rein rechnerisch, ein Minus von mindestens 64.500 Schweizer Franken (über 50.000 €) entstanden sein. Das OK nennt keine Zahlen, spricht nur von einem Defizit. Der für die Organisation gegründete Verein ist zahlungsunfähig, die Gläubiger, wie die Migros (Catering) gucken in die Röhre. Das OK hofft nun auf eine Finanzsspritze des Bundesverbandes. Na der wird sich freuen.
Zudem haben die Pfader und ihre Gäste ein ökologisches Desaster hinterlassen. Das war nun nicht unmittelbar ihre Schuld, dass der Chill-Out-Bereich im Naturschutzgebiet lag (da hat womöglich auch im zuständigen Amt bei der Genehmigung der Veranstaltung jemand geschlafen) und dass dieses Areal durch ausdauernde Regenfälle vor der Veranstaltung bereits aufgeweicht war. Das Befahren mit Traktoren und die aufgestellten Whirlpools besorgten den Rest und zerstörten die darunter befindliche Wiese nachhaltig. Der Landbesitzer ist sauer, weil er schon vor dem Event darum gebeten hatte, keine Pools aufzustellen – vergeblich.
Die Geschädigten reden von enttäuschtem Vertrauen und jugendlichem Übermut. In Schutz genommen werden die Pfadfinder aber von Orpunds Gemeindepräsident Jürg Räber, der selbst Pfader ist. Die Veranstalter hätten zwar etwas zu hoch gegriffen, aber der Anlass sei toll gewesen, von ausufernden Sexorgien in den Whirlpools hätte er nichts gesehen und das Gras wächst ja wieder nach. Hoffentlich auch drüber.
Quelle: Berner Zeitung 25.09.2014
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