Phoenix: Gedanken zu Axis 100. Geburtstag

Heute jährt sich Axis Geburtstag zum 100. Mal. Das wäre üblicherweise Anlass für eine Würdigung: Axi war fraglos eine der prägenden Gestalten der Jugendbewegung, für viele eine Symbolfigur, wurde gar zum Idol der bündischen Jugend stilisiert, war Bundesgründer, Freund, Ratgeber, Wegweiser, Visionär. Aber eben auch, wie wir heute wissen und klar benennen müssen: ein Täter, der gegenüber Jugendlichen übergriffig geworden ist und dabei seine eigenen Ideen missbraucht hat.

Als Phoenix, Axis letzte und in ihrer Form dauerhafteste Gründung, haben wir uns in den vergangenen Jahren der Aufarbeitung der Schattenseiten unseres Bundesgründers gestellt. Ein vorläufiger Abschlussbericht ist in Arbeit und die Ergebnisse werden auch Niederschlag finden in den anstehenden Publikationen von Almut Heimbach und Sven Reiß.

Damit ist die Arbeit jedoch nicht zu Ende, denn wir stehen nun vor der Frage, wie wir in dieser Situation an Axi erinnern können. Zerfällt seine Lebensleistung angesichts seiner Schatten zu Staub? Sollten wir uns von ihm distanzieren, ihn aus dem Gedächtnis und der Legitimation unseres Bundes und des Bündischen tilgen, oder wäre das gerade zu einfach? Können wir uns noch kritisch-positiv auf ihn beziehen? Wie sieht ein angemessener Umgang mit den Schattenseiten eines Menschen aus, der für uns ein Teil unserer Identität ist?

Wir haben für uns noch keine Antwort auf diese Fragen gefunden. Vielleicht auch deshalb, weil sie uns in einem größeren Kontext bewegen, nämlich wie die Jugendbewegung insgesamt mit den langsam zutage tretenden gewaltigen Schatten in ihrer Geschichte umgehen will – nach eigener Bestimmung, vor eigener Verantwortung und in innerer Wahrhaftigkeit. Aufklärung und Prävention von sexueller Gewalt ist das eine, historische Aufarbeitung, die einen Weg in die Zukunft weist, das andere.

Das umfassende Erinnerungsheft, das wir zu Axis 100. einmal angedacht haben, steht deshalb weiter aus. Wir glauben, dass nicht nur uns als Bund einige unserer formalen und strukturellen Grundlagen in schmerzhafter Weise fragwürdig, ja brüchig geworden sind. Wir werden daher in einen umfassenden und substanziellen Prozess der Selbstvergewisserung gehen. Das, was wir tun und wollen, müssen wir für uns heute neu und unmissverständlich formulieren. Dabei wird sich auch zeigen, inwieweit wir uns weiter auf Axi beziehen können und wollen.

Felix, Jungenbund Phoenix


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Eine Antwort zu „Phoenix: Gedanken zu Axis 100. Geburtstag“

  1. Avatar von torben
    torben

    ach wenn doch jeder, zum beispiel auch solche die sich auf scouting gerne selbst zur zukunft von sich selbst interviewen, ein derartiges maß an reflektion besäße.

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