Gedenktag: Alexej Stachowitsch (Axi)
Ein schwieriger Gedenktag, der dennoch erwähnt werden muss, um sich der Auseinandersetzung zu stellen. Heute vor sieben Jahren, am 01. April 2013, ist Alexej Stachowitsch (Axi), der ehemalige Bundesführer des Jungenbundes Phoenix, Autor, Liedermacher, Pädagoge und Pfadfinder im Alter von 94 Jahren verstorben. Erst nach seinem Tode wurde allgemein bekannt, dass er, eine der prägendsten Persönlichkeiten der Pfadfinder- und Jugendbewegung nach den Zweiten Weltkrieg, sich sexualisierter Gewalt gegenüber ihm anvertrauten Jugendlichen schuldig gemacht hat.
Alexej Stachowitsch wurde am 10. Oktober 1918 in Stockholm als Sohn des Diplomaten Michael Stachowitsch geboren. 1929 trat er in den Österreichischen Pfadfinderbund (ÖPB) ein. Im Jahre 1933 hatte er auf dem Welt-Jamboree in Gödöllö/Ungarn Robert Baden-Powell noch sehen können. Er war im ÖPB Gruppenführer bis zur Zwangsauflösung im Jahr 1938. Ab 1945 war er maßgeblich beteiligt am Wiederaufbau der Pfadfinder Österreichs, PÖ. Bald darauf wurde er Landesfeldmeister des Landes Salzburg. Das Lagerlied für das internationale “Lager der Freundschaft” im Montafonder Tal im Jahre 1946 stammte aus seiner Feder, beim siebten Weltjamboree 1951 in Bad Ischl war er zuständig für das Programm und Lagerliedverfasser. Im gleichen Jahr gründete er das Werkschulheim Felbertal bei Mittersill, wurde erster Schulleiter und blieb dies bis 1958.
Im Jahr 1974 war er Mitbegründer der Bildungs- und Begegnungsstätte auf Burg Balduinstein. Den Jungenbund Phoenix gründete er 1976 und war dessen Bundesführer bis 2011. 1981 bezog er einen Wohnsitz auf der Burg Balduinstein und wurde Schriftleiter vom “Stichwort”. 1983 kaufte er den „Phoenixhof“ in Weroth (Westerwald) als Alterssitz und baute diesen zum Zentrum des Jungenbundes Phoenix um. 1988 war Alexej Stachowitsch bei der Organisation des Meißner-Lagers tätig. Im Jahre 2003 war Axi mit dem zweithöchsten Ehrenzeichen der PPÖ, der Goldenen Lilie, ausgezeichnet worden. Diese Auszeichnung wurde ihm posthum 2017 entzogen, nachdem erhebliche Beschuldigungen gegen ihn erhoben worden waren. Zu Axis 100. Geburtstag 2018 formulierte der von ihm gegründete Jungenbund Phoenix, dass Axi ein Täter gewesen sei, der gegenüber Jugendlichen übergriffig geworden wäre und dabei auch seine eigenen Ideen missbraucht habe.
Bücher von und über Alexej Stachowitsch:
Wegzeichen
Erkenntnis und Erfüllung
Bündisches Leben – wozu?
Und wieder einmal gedenkt das Onlinemagazin „Scouting“ des Herrn Alexej Stachowitsch, dieses Archetyps pädo-erotischer Umtriebe im Wandervogel Blüher’scher Prägung. Mich schauderts. Wieder mal.
Die Fragestellung ist, wie mit Personen und dem geistigen Erbe von bekannten Persönlichkeiten umgegangen werden sollte, wenn, wie in diesem Fall, bekannt wird, dass sie sich sexueller Gewalt schuldig gemacht haben. Sie und ihr Leben aus der Geschichtsschreibung auszulöschen und totzuschweigen, scheint mir persönlich ein sozusagen zu einfacher Weg. Damit verschweigt man dann nämlich auch die Existenz und die Not der Betroffenen. Das Wirken der Täter aber auf den Missbrauch selbst zu reduzieren, würde die Frage aufwerfen, weswegen sie denn dann überhaupt von Relevanz waren. Hier haben wir es mit einer recht bekannten Person zu tun; die öffentliche Aufarbeitung ist noch recht jungen Datums. Es kann gut sein, dass es noch viele Mitmenschen gibt, denen zwar die Person Axis bekannt ist, seine Übergriffigkeit jedoch noch nicht. Insofern gehören zu einer vollständigen Darstellung, sowohl die Verdienste, wie auch die Missetaten zu benennen. Ich kann nicht einschätzen, inwieweit du den Beitrag zu Ende gelesen hast.
Ich kannte axi persönlich, ohne von seinen Verfehlungen zu wissen. Deshalb wäre es für mich schwer, axi aus meinen Gedanken, Gesprächen und aus meiner Schreibe auszublenden.
Es wäre richtig und wichtig, wenn Opfer und Opferberichterstattung mehr zur Sprache kommen würden und auch in Porträts über Täter eine entscheidende Rolle spielen würden.
Da Berichte der Opfer und aussagekräftige, abgesicherte Berichte über Taten schwer zu bekommen sind, stellt sich die Frage, wie es möglich ist, Berichte zu veröffentlichen, in denen neben allen möglichen Ehren die Verbrechen mit Text, Platz und Bild vom Platz her mindestens gleichwertig neben Lebensleistungen stehen.
Bisher wird viel gehetzt. Mit Hetze werden Konfrontationen aufgebaut. Das schwächt den Kampf gegen Missbrauch.
Es ist desto mehr Aufgabe, an einer neuen Art von Berichterstattung bei Missbrauch zu arbeiten. Das fehlt in der Gesellschaft bisher weitgehend, auch in der bündischen Berichterstattung.
.
Vom Felbertal (1951) nach Balduinstein (1951)
„Alexej Stachowitsch … 1951: Gründung des „Werkschulheim Felbertal“ … 1974: Mitbegründung des Freien Bildungswerkes Balduinstein und damit von Burg Balduinstein; 22.05.1974 Einzug auf der Burg.“
h ttp://www.scout-o-wiki.de/index.php/Alexej_Stachowitsch
.
kurier.at: Ihr Bruder war Schüler an der Odenwaldschule, von der schwere Missbrauchsfälle bekannt geworden sind. (…)
Kardinal Christoph Schönborn: (…) Er war genau zu der Zeit dort, als das geschah. Auch mit meinem älteren Bruder habe ich viel geredet. Er war im Werkschulheim Felbertal, die Entlassung des damaligen Direktors hatte dieselben Gründe.
h ttp://kurier.at/politik/schoenborn-muessen-vom-hohen-ross-steigen/731.290
.
Doris Wagner, Kardinal Christoph Schönborn – 2019 – Religion
Schuld und Verantwortung: Ein Gespräch über Macht und Missbrauch in der Kirche
(…)
Sakrosankte. Meister, ausgenutzte Bedürftigkeit
Christoph Schönborn: Mit der Missbrauchsfrage bin ich eigentlich das erste Mal über Berichte in Berührung gekommen, die berühmte säkulare Schulen betrafen: das Werkschulheim Felbertal, eine Pionierschule, die inzwischen nicht mehr am alten Standort ist. Der Gründer und Direktor dieser Schule, Alexej Stachowitsch, ein Russe, war ein begnadeter Pädagoge, aber er war auch ein Pädophiler. Der andere Bericht betraf die Odenwaldschule, wo der berühmte Gerold Becker massiven Missbrauch betrieben hat.
Innerkirchlich wurde ich zum ersten Mal massiv mit dem Thema Missbrauch (…) über meinen Vorgänger Kardinal Hans Hermann Groër: Vorwurf des Missbrauchs von Jugendlichen als Lehrer im Knabenseminar in Hollabrunn. (…)
h ttps://books.google.de/books?id=_QibDwAAQBAJ&printsec=frontcover&hl=de#v=onepage&q&f=false
.