Frischer Wind und grüne Segel

Vorab-Hinweis der Redaktion: Nachfolgender Text ist ein persönlicher Kommentar von Winfried Wolf (winnes) zu den Wahlen des VDAPG. Mit Namen versehene Artikel (wie dieser) geben nicht (automatisch) die Meinung der Redaktion oder des Verlages wider. Der Redaktion ist bewusst, dass die den Pfadfindern innewohnende übliche parteipolitische Neutralität immer diskutiert wird, wenn parteipolitisch aktive Pfadfinder in Ämter gewählt werden oder wenn der Pfadfinderei innewohnende Ziele wie Naturschutz oder Freundschaft und Respekt gegenüber allen Menschen gleich welcher Nationalität usw. sich von tagespolitischen Themen nicht trennen lassen. Dass junggebliebene Pfadfinder, welche die katastrophalen Auswirkungen der Politisierung der ’68er auf ihren Bund noch persönlich erlebt haben, hier sensibilisiert sind und stärker zur klaren Trennung tendieren, ist naturgemäß der Fall. Die Ablehnung von Gender* ist womöglich gleichfalls eine Frage der Generation. Wie dem auch sei: Natürlich kann man anderer Meinung sein als winnes (oder derselben). Natürlich darf man das auch durch einen Kommentar kenntlich machen.

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Im Oktober letzten Jahres wählten die Delegierten des Altpfadfinderverbandes VdAPG einen neuen Vorsitzenden, den bisherigen Stellvertreter Hendrik Knop aus Thüringen, ohne Gegenkandidaten mit 43 Stimmen bei 2 Enthaltungen zum Nachfolger von Helmut Reitberger. Von 77 Delegierten waren mit lediglich 37 weniger als die Hälfte anwesend und hatten damit auf ihr Wahlrecht verzichtet. Dieser Hintergrund der Wahl ist vor allem deshalb interessant, da die Personalie des früheren Stellvertreters einen kräftigen grünen Akzent trägt.

Hendrik wird im September in einem Rundschreiben wie folgt vorgestellt:

Persönlich
Hendrik Knop, ledig, geb. 1976

Beruflich
Erziehungswissenschaftler
Geschäftsführung in der HK Pflegedienst gemeinnützige GmbH
Promotion zum Thema „Pfadfinden in der Sowjetischen Besatzungszone und der Deutschen Demokratischen Republik“ am Lehrstuhl für Sozialpädagogik und außerschulische Bildung der Friedrich-Schiller-Universität Jena

Pfadfinderisch
Jugendbünde: VCP (1991 bis 2004), BdP (2004-2007), PSFR (2007-2010)
VDAPG (seit 2013): Gilde Drei Gleichen
weitere Mitgliedschaften: Pfadfinder Hilfsfond e.V., ScoutNet e.V.

Engagement
Kommunalpolitik
Kinder- und Jugendarbeit

Interessen
Reisen (Land & Leute kennenlernen)
Literatur, Musik, Technik

Anmerkungen [von Winnes):
– Unter „Beruflich“ Punkt 2 wird an einer Dissertation gearbeitet, die erst noch zu einer Promotion (=Beförderung) führen soll.
– Unter „Pfadfinderisch“ fehlt der Hinweis auf die Mitgliedschaft im progressiv-linken DPSG-Altpfadfinderverband „Freunde und Förderer“, .
– Unter „Engagement“ sollte ergänzt werden, dass der Kandidat darüber hinaus Mitglied der Grünen, Delegierter des Kreisverbandes Gotha und Kandidat der Grünen (Listenplatz 14 Thüringen) bei der letzten Bundestagswahl war.

Ausserdem hat Hendrik im Vorfeld der Landtagswahl in Thüringen 2020 die Verleihung der Georgsplakette 2018 an den Wahlkämpfer der Partei „Die Linke“, Ministerpräsident Bodo Ramelow beim VdAPG-Vorstand befördert. Ein Vorgang, der mit § 2 der Verbandssatzung (Parteipolitische Neutralität) kollidiert.

Interessant ist auch der Wechsel der Parteimitgliedschaft von der CDU zu den Grünen wegen des CDU-Wahlverhaltens bei der Wahl des Kurzzeit-FDP-Ministerpräsidenten, die zur temporären Abwahl von Ramelow führte. Alle Tätigkeiten lassen sich auf der Webseite des neuen Vorsitzenden nachlesen. Eine Aussage, dass Parteiämter und Funktionen während seines Ehrenamtes bei den Altpfadfindern ruhen, gibt es bisher nicht.

Absehbar ist bei dieser Personalie ein Kulturwandel im Verband, der neben der Genderei mit Sternchen* und Doppelpunkt: in Rundschreiben nun voll auf der Höhe des Zeitgeistes segeln kann. Aus Kreisen von Mitgliedern und Delegierten war sowohl „Man muss mit der Zeit gehen…“ als auch „Wir halten uns aus allem Politischen raus…“ zu hören. Welche inhaltlichen Akzente der neue Vorsitzende eines bedenklich schrumpfenden VdAPG setzen wird und ob er zur Nachhaltigkeit und Zukunftssicherheit beiträgt, bleibt sowohl zu hoffen als auch abzuwarten.

Winfried Wolf (Winnes)


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Kommentare

8 Antworten zu „Frischer Wind und grüne Segel“

  1. Avatar von Winfried Wolf
    Winfried Wolf

    genderschreibweise hat nichts mit generationenunterschieden zu tun, sondern vielmehr mit sprachästhetik und ideoligie.
    gendern ist eine linke mode, basierend auf der annahme diverser sozialer geschlechter.
    ausserdem widerspricht es den regeln der deutschen sprache und den empfehlungen des rechtschreibrats.
    geschlechtergerechtigkeit wird nur symbolisch zelebriert, nicht in der realität.

    1. Avatar von almi (Redaktion; DPB)

      Lieber Winfried,

      meine persönlichen Beobachtung weichen stark davon ab und an einem Punkt liegst du sachlich falsch. Ästhetik und Ideologie können durchaus eine Altersfrage sein, verursacht durch Prägung. „Basierend auf der Annahme diverser sozialer Geschlechter“ ist für mich ein Hinweis darauf, dass du dich vielleicht noch nicht hinreichend befasst hast mit a) diversen biologischen Geschlechtern. Die Häufigkeit eines uneindeutigen Genitales bei Geburt auf etwa 1:4500 bis 5500 geschätzt. Das ist keine linke oder rechte „Mode“. b) der Frage der Geschlechtsidentität, weche sich die Menschen ja nicht „aussuchen“. c) Dann gibt es noch den Geschlechtsausdruck, die gewünschte soziale Wahrnehmung. b) und c) scheinen mir bei dir vermischt zu sein und a) fällt unter den Tisch.

      Die Regel der deutschen Sprache sind nicht in Stein gemeißelt- Unveränderlich sind nur tote Sprachen. Sprache und ihre Regeln sind einem stetigen Wandel unterworfen. Neue Wörter finden Eingang, alte entfallen. Sprache ist sozusagen ein kreativer Prozess. Sag ich als Germanistin. Oder sprichst und schreibst du noch Althochdeutsch?

      Der Rat für deutsche Rechtschreibung bekräftigt in seiner Sitzung am 26.03.2021 seine Auffassung, dass allen Menschen mit geschlechtergerechter Sprache begegnet werden soll und sie sensibel angesprochen werden sollen. Woher stammt deine Info, dass dem nicht so sei?

      Sprache prägt durchaus unsere Wahrnehmung. Das ist ein Fakt, kein Wunschbild. Ich habe durchaus den Eindruck, dass durch die Debatten Menschen sichtbar geworden sind, die zuvor verborgen und ausgeblendet waren und somit als „bedauerlich gestörte Einzelpersonen“ abgestempelt waren. Ich kenne persönlich einfach viel zu viele persönlich, die nicht in das Raster einer binären Weltvorstellung passen. Denn die Binarität ist nur eine Vorstellung und keine Realität. Die Nicht-Binarität ist keine Mode, sondern eine Tatsache.

  2. Avatar von Prof. Dr. Hans-Peter Schäfer
    Prof. Dr. Hans-Peter Schäfer

    Mehr als vier Jahrzehnte war ich in der DDR-Forschung tätig und habe u.a. über die „Jugendforschung in der DDR“ publiziert (Juventa Verlag, München 1975). Dabei ist mir offensichtlich entgangen, dass es in der SBZ / DDR Pfadfindergruppen gab. Unter den damals herrschenden Politisch-ideologischen Bedingungen wohl kaum vorstellbar.
    Der beabsichtigten Dissertation sehe ich mit großem Interesse entgegen. Auch würde mich wohl interessieren, welcher erziehungswissenschaftlicher Kollege ein derartiges Dissertationsthema vergibt?

    1. Avatar von almi (Redaktion; DPB)

      Die einzige Pfadfinderorganisation noch zum Zeitpunkt des Bestehens der DDR war nach Kenntnis der Redaktion die Pfadfinderschaft Phönix. Diese hat, quasi am Vorabend der Wiedervereinigung, tatsächlich einen DDR-Stempel auf ihrer Vereinseintragung stehen. Ob und wie lange es im sowjetischen Sektor noch Pfadfindergruppen gab, ist eine spannendere Frage.

      1. Avatar von Hendrik Knop

        Liebe Almi,

        die Pfadfinderschaft Phönix wurde, genau wie die Pfadfinderschaft St. Georg (PSG) – die später die Diözese Magdeburg der DPSG bildete – in der Wendezeit der DDR 1990 gegründet.
        Im Bereich der überkonfessionellen Gruppen hat es, nach meinem bisherigen Kenntnisstand, einen Stamm des DPB (im BDJ) in Ostberlin bis 1953 gegeben.

    2. Avatar von Hendrik Knop

      Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Hans-Peter Schäfer,

      sehr verkürzt gesagt, bestanden die Gruppen im Verborgenen unter dem Schutz der jeweiligen Kirchen bis zum Mauerbau.

      Meine Arbeit wird von Ihrem Kollegen Prof. Dr. Roland Merten an der Friedrich-Schiller-Universität Jena begleitet.

      Mehr Infos finden Sie auf:
      https://www.hendrikknop.de/dissertation/

      Bei Interesse sende ich Ihnen auch gern mein Exposee zu und freue mich auf einen wissenschaftlichen Diskurs.

      1. Avatar von Prof. Dr. Hans-Peter Schäfer
        Prof. Dr. Hans-Peter Schäfer

        Lieber Hendrik Knop,
        gern greife ich deinen Vorschlag auf und bitte dich um die Zusendung des Exposees deiner Dissertation. Zu einem ergebnisoffenen wissenschaftlichem Diskurs bin ich immer bereit. In diesem Fall freue ich mich sogar darauf-

        Gut Pfad!
        Happi

        Profr. Dr. Hansa-Pewter Schäfer

      2. Avatar von Prof. Dr. Hans-Peter Schäfer
        Prof. Dr. Hans-Peter Schäfer

        Lieber Hendrik Knop,
        gern greife ich deinen Vorschlag auf und bitte dich um die Zusendung des Exposees deiner Dissertation. Zu einem ergebnisoffenen wissenschaftlichem Diskurs bin ich immer bereit. In diesem Fall freue ich mich sogar darauf-

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