Der alte und der neue Wandervogel e. V.

Der alte Wandervogel e. V. von 1913 war vor den beiden Weltkriegen ein „Vorkriegswandervogel“. Er hatte nur Aufschwung erlebt. Zupfgeigenhansel als Liederbuch und das Treffen auf dem Hohen Meißner, das die für uns bis heute gültige Meißnerformel hervorbrachte.
Im 2. Weltkrieg wurde die Mädchengruppen stark und Mädchen bewährten sich. Von den Jungs kam nur etwa die Hälfte aus dem Krieg zurück, teils verletzt, verkrüppelt, seelisch traumatisiert, enttäuscht, desorientiert, mit Verlust an positiven Träumen und an Romantik.
 
Kein Wunder, dass der Wiederaufbau des Bundes langsamer vonstatten ging. Und als der Bund wieder stark war, kamen die Nazis. Der Wandervogel schloss sich als letzte Hoffnung mit anderen Bünden und Pfadfindern zusammen, um ein Jugendgegengewicht gegen die Nazis zu bilden. Das misslang. Nazis verboten die Bünde oder zwangen sie zur Aufgabe.
 
Krieg und Nazis haben der deutsche Jugendbewegung viel Elan und Breitenwirkung genommen. Der erneute Wiederanfang nach 1956 hatte gute Ansätze. Es waren Nachkriegswandervogelbünde, die gelernt hatten. Sie wurden nach Aussagen maßgeblicher Historiker als nicht lernbereit eingestuft. Das wurde von bundesrepublikanischen Behörden ebenso gesehen. Deshalb wurden sie klein gehalten und kaum gefördert. Das Wort „Wandervogel“ war beschädigt und hatte nicht mehr den besten Klang, weil Massenmedien und Historiker jahrelang den Wandervogel in ein schlechtes Licht rückten.
 
Als unser Bund als Nachfolgebund des alten Wandervogel e.V. am 1. 11. 1989 gegründet wurde, gab es nur noch wenige Wandervögel in Deutschland. Wir wollten nach Kräften den guten Klang Namens Wandervogel wieder herstellen, aber nicht in zu große Stapfen treten. Deshalb schreiben wir den Namen unseres Bundes „wandervogel e. v.“ klein. Wir sprechen von Erinnerungskultur. Die Taten halten wir hoch, sehen aber klar, dass vor 100 Jahren und auch später manches im Wandervogel aus dem Ruder lief und kritisch gesehen werden muss. Wir konnten viel vom alten Bund lernen, müssen uns aber hüten, vieles kritiklos zu übernehmen. Unser Spruch: „Das Wahre bewahren, das Neue erfahren!“ bewährt sich.
 
Vieles musste neu bedacht werden, Feuer und Kreativität für Fahrten, Natur und Lieder, für Mitmenschlichkeit und Völker zu stärken. Unser Miteinander, unsere Festkultur, unserer Schrift „wandervogel“ und unserer Zielsetzung mit dem „Weg der Wandervögel“ sind auf einem guten Weg.
Mit Identifikation und mit Integration Älterer haben wir noch unsere Schwierigkeiten.
Jugendgruppen und regionale Wandervogelmilieus brauchen wir viele.

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