Boot „Silberreiher“ gleitet über die Wellen
BdP-Pfadfinderstamm Silberreiher feiert die Fertigstellung des selbstgebauten Kirchbootes.
Bei der Versprechensfeier zum 100. Jubiläum der weltweiten Pfadfinderbewegung im Jahr 2007 wurde beim Eberbacher BdP-Pfadfinderstamm „Silberreiher“ die Idee geboren, ein für Großfahrten geeignetes Ruderboot mit Platz für eine ganze Sippe zu bauen.Pfadfinder-Urgestein stimmo, bürgerlich Klaus Bruchmann, erzählte von den Finnland-Fahrten mit seiner Sippe, wo sie manchmal mit einem Kirchboot unterwegs waren. Nordische Kirchboote waren kleinere Nachbauten der Wikinger-Langboote aus der Zeit der Reformation, die vorzugsweise in Finnland zum Transport auf den dortigen Seen dienten. Sonntags ruderten dann damit die Bewohner von ihren Dörfern aus zum Gottesdienst über den See zur Kirche. Der Name also eine reine Glaubens-Sache. Aber mit Schweineschmalz sollen sich die Pfadfinder, wenn sie im Kirchboot rudern wollen, ihre Hosenböden nicht mehr einfetten müssen, damit sie auf den Sitzbänken besser rutschen. Und sie müssen dazu auch keine Filzhosen tragen, wie anno dazumal die Männer und Frauen bei der Fahrt zur Kirche. Nein, wenn schon, so muss das Boot mit modernen Rollsitzen, wie sie heute in Sportruderbooten gebräuchlich sind, ausgestattet werden.
Die Schaffung eines solchen Kirchbootes blieb zunächst bei den Silberreihern ebenfalls eine echte Glaubensangelegenheit. Doch man machte Pläne. Es sollte für den Bootsbau eine eigne, neue Sippe gegründet werden, es mussten Bootszeichnungen angefertigt werden, es sollten Experten ausfindig gemacht werden, die mit Rat und Tat den Bootsbau begleiteten. Und vor allem, es musste eine Übersicht über die zu erwartenden Kosten aufgestellt werden.
Was vorderhand ein Traum schien, wurde dann schnell Wirklichkeit. Die Eberbacher Bürgerstiftung veranstaltete im Herbst 2007 gemeinsam mit dem Lionsclub und den Rotariern für örtliche Jugendgruppen ein Preisausschreiben, bei dem die Silberreiher mit ihrer 12-seitigen Projektstudie „Eberbacher Pfadfinder bauen ein Ruderboot“ prompt den ersten Preis von € 5.000 gewannen. Damit konnte fast das ganze Holz für das Boot bezahlt werden.. Bei der Silberreiher-Ausstellung „100 Jahre Pfadfinder“ in den Räumen der Sparkasse Neckartal wurden die beiden ersten Jungen für die neue Sippe gekeilt, Bastian und Florian. Nach und nach schlossen sich dann noch weitere Jungens an.
In einer kostenlos zur Verfügung gestellten Halle der Eberbacher Bootswerft Empacher GmbH wurde eine Werkstatt eingerichtet, es wurde eine Tischkreissäge, eine Hobelbank und eine Bandsäge bei Schreinereien ausgeliehen und ein Spantengerüst gebaut. Nebenbei entstand dort eine Sitzecke für Heimrunden. Logisch, es soll nicht nur am Boot gearbeitet werden. Es wird dort auch gesungen und musiziert. Oder es werden Pläne geschmiedet, wohin es am Wochenende auf Fahrt gehen soll. Und die Pfadfinder-Regeln müssen diskutiert werden. Die neue Sippe hat noch keinen Namen, die anderen Pfadfinder nennen sie „die Bootsbauer“.
Und am 19. April 2008 haben die Bootsbauer zur feierlichen „Kiellegung“ eingeladen. Nach zweieinhalb Jahren Bauzeit, das entspricht 1723 Mannstunden, wurde das 14 Meter lange, 1,80 Meter breite und 320 Kilo schwere Prachtstück am 10. Oktober 2010 bei strahlendem Sonnenschein am Neckarufer feierlich getauft und zu Wasser gelassen. Stammführer Daniel Grab (wolpi) begrüßte Förderer, Freunde, Sponsoren, ehemalige Stammführer und zahlreiche Silberreiher zu dem Festakt. Besonderer Gruß galt den Eltern der Bootsbauer-Sippe, die die Bootsbau-Idee mitgetragen haben.
Nach dem Eröffnungslied „Die Lappen hoch, wir wollen sailen …“ ließ stimmo die Geschichte des Bootsbaus Revue passieren. Das gemeinsame Tun habe, wie erhofft, dazu beigetragen, die Gruppengemeinschaft in der Sippe zu stärken, die geistige und körperliche Fähigkeit des Einzelnen zu fördern und die Pfadfindertugenden zu pflegen, so stimmo. „Vom Rudern bis zum Wasserschöpfen muss alles gemeinsam gemeistert werden, nur gemeinsam kommen wir vorran“.
Mit dem Schlachtruf der korsischen Seeräuber „Arriba!“ (vorwärts), den die Bootsbauer von ihrer Sommer-Großfahrt aus Korsika mitgebracht haben, stimmte er ein auf die erste große Ruder-Wanderfahrt im Frühling.
Birgit Wierz (ideefix), Schatzmeisterin und damit „die Frau mit der meisten Arbeit im Stamm“ hatte die Ehre, das Ruderboot echt wikingermäßig mit Met aus einer historischen Keramikflasche auf den Namen „Silberreiher“ zu taufen. Zünftig wünschte sie „allzeit gute Fahrt und immer zwei Handbreit Wasser unter dem Kiel“.
Nach dem Seemannlied „Und ob der Sturm auch manche Nacht uns um die Ohren pfiff …“ gemeinsam von der Bootsbauer-Sippe gesungen, begleitet mit Klampfe und Alt-Balalaika, gab stimmo das Kommando „Hand ans Boot“. Unter dem Beifall der Premierengäste wurde das „Silberreiher-Kirchboot“, dem nassen Element übergeben. Zwölf Ruderer, ein Bootsführer und ein Steuermann und mehrere Kielschweine (Nicht-Ruderer) werden in Zukunft an der „Silberreiher, Marke Eigenbau“ ihre helle Freude haben.
BdP Stamm Silberreiher / Klaus Bruchmann
Hinweis: Das Kirchboot ist für Fahrten auf dem Neckar charterbar.
Nähere Informationen unter stimmo@silberreiher.de
Quelle: scouting 04-10