Balduinstein als friedlicher Ort
Unser Bericht über den Offenen Brief des in-Teilen neuen Vorstandes des Freien Bildungswerkes Balduinstein ist auf reges Interesse gestoßen und hat vielfach öffentliche wie auch nicht-öffentliche Leserzuschriften ausgelöst. Darunter der Hinweis auf einen Fernsehbericht über das 750. Ortsjubiläum des Ortes Balduinstein. Als „Burgführerin von Burg Balduinstein“ tritt auch die neue Vorstandsvorsitzende des Bildungswerkes im Fernsehbericht auf. Fernsehbericht wie auch Offener Brief weisen darauf hin, dass Balduinstein ein „friedlicher Ort“ sei. Ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen, deren Gesprächsangebot vom „neuen“ Vorstand wohl abgewiesen wurde; der Forderung nach öffentlicher Aufarbeitung der Fälle sexualisierter Gewalt seit Gründung des Bildungswerkes wurde bislang nicht nachgekommen. Die Kommentare unter dem idyllischen Fernsehbericht sprechen wohl für sich.
Mich würde mal interessieren, ob es vom Ortsbürgermeister oder sonst einer „öffentlichen“ Person eine Stellungnahme zu den Missbrauchsfällen der letzten Jahrzehnte gibt. Man kann sich ja kaum unwissend hinstellen, nachdem es etliche Zeitungsberichte, z.B. in der Rhein-Lahnzeitung, hierzu gab. Soweit ich weiß, wird das Bildungswerk nach wie vor mit öffentlichen Mitteln gefördert. Auch diesen Stellen müsste längst klar sein, welche Natter sie da an ihrem Busen nähren. Und dass auf dieser Burg jetzt plötzlich der totale Friede ausgebrochen sein soll, kann man mir nicht weismachen. Allein die weitere Existenz dieses sogenannten „Bildungswerkes“ ist ein Schlag ins Gesicht der ungezählten Opfer dieser wandergevögelten Knabenliebhaber.
Ein wichtiger Gedanke: „Soweit ich weiß, wird das Bildungswerk nach wie vor mit öffentlichen Mitteln gefördert.“
Subventionen einfrieren wäre wichtig. Doch die Haupteinnahmequellen sind das Problem, nicht die Zuschüsse. Die Existenz einer Jugendherberge rechtfertigt sich durch die sie besuchenden – zahlenden – Jugendgruppen, und die strömten und strömen heran wie die Lemminge.
Pfadfinderstämme strömen heran. Als hätte es dort nie Missbrauch gegeben oder als hätte die Jugendburg erfolgreich Aufarbeitung geleistet.
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Stammeslager in der Burg Balduinstein vom 4. bis 6. März 2005
https://d-nb.info/1118640381/04
2008 (…) Unser erstes Lager erlebten wir in Balduinstein an der Lahn. Seitdem wissen wir wie Tschai schmeckt, wer der Gründer der Pfadfinder war und welche Dinge man in der Natur findet
https://www.vcp-ulrich-von-hutten.de/pages/unser-stamm/unsere-sippen.php#content
Februar 2017 fand das diesjährige Winterlager auf der Jugendburg in Balduinstein an der Lahn statt.
https://www.vcp-ulrich-von-hutten.de/pages/on-tour/on-tour—archiv/on-tour-2017/winterlager-balduistein.php#content
2018 – Herbstlager Burg Balduinstein – DPSG
https://dpsgfrisko.wordpress.com/2018/10/23/herbstlager-burg-balduinstein/
Herbstfahrt 2018 – Burg Balduinstein | VCP
https://www.vcp-mlk.de/herbstfahrt-2018-burg-balduinstein/
Mein Vorredner stellt die wichtige Frage:
„Mich würde mal interessieren, ob es vom Ortsbürgermeister oder sonst einer „öffentlichen“ Person eine Stellungnahme zu den Missbrauchsfällen der letzten Jahrzehnte gibt.“
Die amtierende Ortsbürgermeisterin kennt das Dorf gründlich, ist in Balduinstein geboren und ist:
„zumindest passives, Mitglied sämtlicher Balduinsteiner Vereine. (…) Am 26. Mai 2019 wurde ich erneut zur Bürgermeisterin von Balduinstein gewählt“
https://www.gemeinde-balduinstein.de/gemeinde/b%C3%BCrgermeisterin/
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700 Jahre Balduinstein: Festgottesdienst mit zwei Bischöfen
https://bistumlimburg.de/beitrag/christen-sind-menschen-der-gegenwart-und-zukunft/
Dekanat Diez der Propstei Süd-Nassau in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN)
https://de.wikipedia.org/wiki/Balduinstein
Es mag sein, dass diese Frage besser bei der Ortsbürgermeisterin selbst aufgehoben wäre. Mir ist keine öffentliche Stellungnahme bekannt.
Also die Bürgermeisterin erhielt von mir und Betroffenen nach der Verurteilung des ehemaligen Burgvogts (Urteil ist noch in der nächsten Instanz – nicht rechtskräftig) Mails mit Informationen und Erlebnisberichten. Statt irgendwie betroffen zu sein, reagierte sie entweder gar nicht (aus mich) oder knapp und reserviert gegenüber den Betroffenen. Meine Mail leitete sie direkt an den Burgverein weiter, der mich daraufhin nun auf Unterlassung verklagt.
Ich informiere gern im Juli über das Ergebnis.
Aufarbeitung sieht auf jeden Fall irgendwie anders aus…
Danke, Schlumpf, das sehe auch ich so, „Aufarbeitung sieht auf jeden Fall irgendwie anders aus“.
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Thema Freies Bildungswerk Balduinstein. Die öffentlich nachvollziehbare, gründlich dokumentierte Aufarbeitung der Jahrzehnte des Missbrauchs steht aus. Bis dahin ist der Ort nicht friedlich zu nennen.
Versöhnung ist eine schwierige Arbeit, Phase eins das schonungslose Benennen der Tatsachen. Versöhnung ist oft das Gegenteil von Versöhnlichkeit (konfliktscheu bzw. harmoniesüchtig sein, ggf. Konfliktleugnung oder angestrengt hergestellte Harmonie, Komplizenschaft beim Unter-den-Teppich-Kehren).
Es ist möglich, dass Aussöhnung, Verzeihen zwischen zwei Menschen stattfindet, auch zwischen Täter und Opfer. Eine Institution jedoch wie die 1974 gegründete Jugendburg kann für alle (!) Täter und Opfer ihrer Vergangenheit (auch nur keine halbwegs vollständige) Aussöhnungsarbeit leisten, was nicht nur daran liegt, dass einige der dortigen Täter oder ihrer den Missbrauch tolerierenden bündischen Kameraden mittlerweile verstorben sind.
Mit dem kindgerechten ‚Komm, wir vertragen uns wieder‘ oder dem berüchtigten sozialpädagogischen ‚ich bin ok, du bist ok‘ ist der durch das Bildungswerk voreilig behauptete Zustand („Unsere Burg ist ein schöner und friedlicher Ort“) nicht zu erreichen. Friedlichkeit, Friede ist nicht planbar als das (gefälligst erfolgreiche) Ergebnis einer Podiumsdiskussion.
Angesichts der Mehrzahl wenn nicht Vielzahl von Missbrauchsfällen versuche man gar nicht erst, Frieden herzustellen, sozusagen per Mehrheitsbeschluss der Anwesenden. Denn was ist mit denen unter den Betroffenen, die bisher geschwiegen haben und heute das Gefühl haben, an einem Diskurs (noch) nicht teilnehmen zu können? Diesem Opfer von gestern, das sich erst morgen melden wird, dürfen wir dann nicht sagen: ‚Gewiss, aber das Thema haben wir schon ausdiskutiert‘.
Eine, derzeit aufgrund von Unfähigkeit oder Verweigerung seitens der Burg ohnehin fiktive, Schlussstrichdebatte, bei der jeder Diskussionsteilnehmer dem anderen verzeiht und künftig gegen die Burg kein Vorwurf mehr erhoben werden soll, darf es nicht geben.
Nebenbei bemerkt hüte man sich, auch als pfadfinderischer „Freund aller Menschen“, in Sachen Aufarbeitung vor dem dialogischen Prinzip. Dialog bedeutet stets, sich in der Mitte zu treffen, einen Kompromiss auszuhandeln. In Sachen sexualisierte Gewalt gibt es keinen Kompromiss.
Balduinstein wie gesagt, die Aufarbeitung der Jahrzehnte des Missbrauchs steht aus. Von Nachteil auch für die gesamte Jugendbewegung und deutsche Pfadfinderbewegung wäre (fortgesetzte) Konfliktscheu seitens der Bünde und eine gewiefte Bühnenshow seitens der Institution.
(auch nur keine halbwegs vollständige)
keine (auch nur halbwegs vollständige)
Wir können hier oder woanders schreiben, was wir wollen – es wird nichts ändern. Auf der einen Seite eine Bürgermeisterin, die um einen Imageverlust ihrer Gemeinde besorgt ist, ist doch der Tourismus die Haupteinnahmequelle des Ortes. Dort ein Wandervogel-Bildungswerk, für das Knabenliebe bzw. das, was sie euphemistisch „pädagogischen Eros“ nennen, systemimmanent ist – und dort die vielen sogenannten „Bündischen“, die nicht wahrhaben wollen, was nicht sein darf. Wir werden erleben, dass -wie so oft – Gras über diese Angelegenheit wachsen wird und man dann getrost wieder zur Tagesordnung übergehen kann. Wenn man mal darüber nachdenkt, kann das schon recht frustrierend sein.
Sehe ich anders. Schreiben an die korrekten Empfänger selbst zu richten, brachte immer schon sehr viel mehr Reaktionen hervor, als „woanders“ darüber zu mosern, ohne dass sie es überhaupt mitbekommen können. Oder zumindest so zu tun, als bekämen sie es nicht mit.
Die Menschen im äußerlich wunderschönen, bei nicht aufgearbeiteter Vergangenheit leider gar nicht friedlichen Dorf Balduinstein können wissen, dass ihre Rolle derjenigen der Menschen in Ober-Hambach ähnlich ist.
In diesem Stadtteil von Heppenheim (Bergstraße) lag die 1910 von Paul und Edith Geheeb (beide ab 1934 Ecole d’Humanité, Bern, Schweiz) gegründete Odenwaldschule.
Jahrzehnte nach der Gründung wurde die OSO durch Schulleiter Gerold Becker und Musiklehrer Wolfgang Held planmäßig übernommen, um Kinder und Jugendliche sexuell auszubeuten. Auch wenn die Schule nicht mehr besteht, die Erinnerung an die vor 110 Jahren aufgebaute Odenwaldschule, auch an ihre finstersten Jahre der durch mehrere Täter begangenen sexualisierten Gewalt an Minderjährigen, bleibt bestehen.
Die drei weiteren Haupttäter waren Dietrich Willier (Kunstlehrer und Journalist; taz-Mitgründer), Gerhard Trapp (Dr. phil., Deutschlehrer, Literaturkritiker) sowie Jürgen Kahle (aus der Bündischen Jugend, Jungenschaft, stammend; Mitbegründer der Burg-Waldeck-Festivals). Derzeit entsteht auf dem Gelände der einstigen Odenwaldschule ein Wohn- und Ferienpark für 300 Personen.
Tschernobyl ist überall, so mahnen die Umweltaktivisten, gewiss plausibel, denn die Radioaktivität verteilte sich 1986 rasch weltweit. Ober-Hambach aber ist nicht überall, denn die Odenwaldschule war, im deutschlandweiten Vergleich, herausragend kinderfeindlich, ein außergewöhnlich gefährlicher Ort. Balduinstein ist nicht überall.
Sicherlich sind die in Balduinsteins in drei Hotels, 11 Appartements, darunter das Appartement Rosea der Bürgermeisterin, drei Privatunterkünften oder in den insgesamt sechs Restaurants arbeitenden und dort ihr Geld verdienenden Menschen sehr interessiert daran, dass ihr Tourismus nicht einbricht. Der Ruf, einen Pädo-Hotspot beherbergt zu haben, könnte das Image vom friedlichen Dorf beflecken und Touristen fernhalten.
Doch gerade bei einer Motivation der Tourismusförderung sollten die 600 Einwohner mithelfen, die Mauer des Schweigens einzureißen und sie nie wieder zu errichten. Manch ein Tourist, dem Prävention und Aufdeckung von Missbrauch grundsätzlich wichtig sind, macht seit Jahren nicht nur um die Jugendburg, sondern um das gesamte kleine Dorf einen großen Bogen.
Die am eingehaltenen Kinder- und Jugendschutz oder/und an einer unzensierten Geschichtsschreibung hoffentlich interessierten Menschen aus Balduinstein und Umgebung sollten sie sich zeitnah positionieren, vielleicht allen voran, offiziell und genau dokumentiert, die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister.
Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister kann und sollte für eine Anerkennung der Vorfälle sorgen, sollte einräumen, dass das Dorf Tatort war, und bedauern, dass zur Aufarbeitung bislang zu wenig getan worden ist.
Mitmachen beim großen Wegschauen? Zur Stunde jedenfalls fehlen auf dem Netzauftritt des Ortes (gemeinde-balduinstein.de) die Worte sexueller Missbrauch, Missbrauch an Jungen, Missbrauch, Jungen, Gewalt. Waren die Balduinsteiner Missbrauchsfälle (die Ermittlungen, die Gerichtsverhandlungen, die Verurteilungen) denn nie Thema im Balduinsteiner Gemeinderat? Auch die Begriffe Jugendschutz, Missbrauchsprävention oder Prävention sucht man auf der Homepage vergeblich.
Ist das Problem ja vielleicht privat, privatisiert, „Privatbesitz“? Ungerührt jedenfalls scheint die Kommune, die, auf ihrem Internetauftritt, unter der Rubrik Sehenswürdigkeiten („Highlights“) auch die Burgruine verbucht, die Verantwortung der Aufarbeitung vom gesamten Gemeindeterritorium abzuziehen und lediglich auf ein Privatgrundstück zu beschränken: „Seit 1974 ist die Burg im Privatbesitz des Freien Bildungswerkes Balduinstein e. V.“.
Selbst wenn auf einem Dorf, fern städtischer Hektik, alles etwas länger dauert, sollte man mit dem Aufarbeiten der Ortsgeschichte von Balduinstein nicht bis zum Jahr 2119 warten, bis zum 800. Burgjubiläum.
A propos Festtag, ebenfalls 2019 feierte man 50 Jahre Rhein-Lahn-Kreis. Damit zum dem Problem ausweichende Kurzfilm (5:38 min).
Ermutigend zeigen die Kommentare dort auf YouTube, dass einige Menschen sich genau erinnern, und aufmucken, wenn in einem Bericht Wesentliches fehlt, Unangenehmes unterschlagen wird.
Ob Burg oder Dorf, ein Film zu Balduinstein muss auch die dunklen Stellen der Vergangenheit sichtbar machen. Auch wenn die Bündischen ab 1974 dort eingefallen sein mögen wie die sprichwörtlichen Heuschrecken, auch das Dorf Balduinstein kann nicht so tun, als ginge es das Thema sexueller Missbrauch im Wandervogel bzw. in der Bündischen Jugend nichts an.
Ein gutes, nämlich zum wechselseitigen Lernen, zum genauen Erinnern fähiges und befähigendes Miteinander zwischen den bündischen bzw. pfadfinderischen Stadtflüchtern-auf-Zeit und den typischerweise ländlichen Nachbarn bleibt für jedes bündische Projekt wichtig. Es ist nicht die Aufgabe einer Bürgermeisterin oder eines Bürgermeisters, die Erinnerung der Kritiker stumm bleiben zu lassen.
Die WFG Rhein Lahn beschreibt ihren, technisch gut gemachten, Film (Ortsjubiläum 700 Jahre Balduinstein) so: „Ein besonders schöner Ort feiert sein 700-jähriges Bestehen: Balduinstein an der Lahn ist wirklich eine Oase der Ruhe.“
Die 1987 gegründete Firma erklärt ihre Arbeit so: „Die Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft Rhein-Lahn mbH, kurz WFG, fördert im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Mittel die heimische Wirtschaft durch Maßnahmen, die der Stärkung der Wirtschaftskraft des Rhein-Lahn-Kreises dienen und auf die Verbesserung des gesamtwirtschaftlichen Klimas zielen.“
Das Unternehmen verlinkt zur Kreisverwaltung Rhein-Lahn, mit welcher man, das hält die Mietkosten gering und kurze Wege sind so praktisch, im selben Haus wohnt, Bad Ems, Insel Silberau.
Ebenfalls dort im Kreishaus residiert, das war vor 20 bis 25 Jahren schon so, das Jugendamt. Wer etwas googelt, findet:
Jugendamt des Rhein-Lahn-Kreises
Satzung (1994, geändert 2011)
§ 2 – Aufgaben des Jugendamtes (In § 2 (1) sind zwei Akkusativ-Endungen (-n) nachzutragen, Anm.)
§ 2 (1) spricht über die „Pflichtaufgaben und freiwilligen Aufgaben“.
Gemäß § 2 (2) soll das Jugendamt „die Tätigkeit der Jugendverbände und freien Träger der Jugendhilfe unter Achtung ihrer Selbständigkeit in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben sowie in der Gestaltung ihrer Organisationsstrukturen anregen, unterstützen und fördern“.
§ 2 (3) Es ist Aufgabe des Jugendamtes, ein planvolles Zusammenwirken aller Organisationen und Einrichtungen der freien und öffentlichen Jugendhilfe zum Wohl junger Menschen und ihrer Familien herbeizuführen.
Als Freies Bildungswerk fällt die Balduinstein nicht unter eine irgendwie-geartete Genehmigungspflicht des Jugendamtes und muss sich auch nicht an Auflagen hinsichtlich Kinder- und Jugendschutz, wie freie oder öffentliche Träger der Jugendarbeit, halten, da sie keine Kinder- und Jugendarbeit leisten.
Das mit dem unterstellten Frieden klingt in der Tat wie Hohn in den Augen der Betroffenen: so weit ist das FBB noch lange nicht. Viele gute Ideen habt ihr hier, die sich natürlich darauf fokussieren, wie man Aufarbeitung NICHT macht, weil das FBB da einige Steilvorlagen bietet. Ich frage mich, wie man denn eine individuelle und eine institutionelle Aufarbeitung überhaupt macht. Ich sehe bisher kein gelungenes Beispiel dafür. Den Ansatz von Edward dazu finde ich sehr gut, so etwas habe ich bisher sehr selten gehört: dass das Ziel sein darf (manch Betroffener will das auch gar nicht, was sein / ihr gutes Recht ist) eine Betroffenengerechtigkeit herzustellen, einen Täter-Opfer-Ausgleich anzustreben, Aussöhnung und damit Frieden zu finden (auch wenn das Geschehene niemals entschuldet werden kann). In diese Richtung sprach auch die Bundesbeauftragte Andresen auf der Darmstädter Tagung zum Thema. Sie meinte, es gäbe für diese Aufarbeitung noch keine Konventionen. Denkbar sei eine Art transitional justice, wie sie bei völkerrechtlichen Verbrechen praktiziert wird. Ein schwieriger Weg, der vielleicht auch nicht immer gelingen kann. Edward spricht die Phase eins an, in der die Tatsachen schonungslos benannt werden. Was aber kommt dann? Was ist die Phase zwei oder drei, wie kann es weiter gehen?
Im Umgang mit der OSO Geschichte haben alle Beteiligte Fehler gemacht, weil es noch keine Aufarbeitungskonventionen gegeben hat. Als gelungene Aufarbeitung sehe ich das nicht, weil an vielen Stellen zusätzliches Leid entstanden ist. Ich weiß nicht, ob irgendwer dabei Frieden gefunden hat..
Wie sieht das im Bündischen aus? Kann es sein, dass sich Täter wie auch Institutionen (wie im übrigen auch manche Betroffene) im Moment nicht auf eine Aufarbeitung einlassen können, weil es dafür keinen Rahmen gibt? Was könnte dazu gehören? Auf jeden Fall eine dritte Instanz. Das FBB KANN niemals Aufarbeitung seiner eigenen Geschichte machen, das muss jemand anders tun. Und das können auch genauso wenig die Betroffenen oder deren Vertreter tun. Was es braucht, ist eine für alle beteiligte vertrauenswürdige dritte Instanz, die einen Raum aufmacht, in die hinein die Tatsachen gelegt werden können und in dem darüber ein Dialog entstehen kann. Dazu müssten verbindliche Regeln vereinbart werden, die diesen Raum als sicheren Ort halten.
Ich bin mir nicht sicher, ob das in der momentanen Situation überhaupt noch geht, weil die Eskalationsschleifen ja auch schon einige Zeit kreisen. Möglicherweise bleibt nichts, als den Druck so weit zu erhöhen, dass das Ding zumacht. Aber wem ist damit gedient? Aufarbeitung geht anders. Die Betroffenen werden wahrscheinlich zunächst aufatmen. Ob sie dadurch Frieden finden, wage ich zu bezweifeln.
Konrad
Der Vorkommentator nennt den Namen Andresen. Nur deshalb kurz und unkommentiert zur Person, Frau Prof. Dr. Sabine Andresen ist:
• eine deutsche Pädagogin mit Schwerpunkt Kindheits- und Jugendforschung
• Professorin für Sozialpädagogik und Familienforschung an der Goethe-Universität Frankfurt/Main
• publiziert regelmäßig über sexuellen Missbrauch in Institutionen und Familien
• seit 2010 Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung
• gehört dem wissenschaftlichen Beirat der Peer-Review-Fachzeitschrift Gender an
• seit 2016 Vorsitzende der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs
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Damit kurz zur „Aufarbeitungskommission“ (Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs)
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Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs („Aufarbeitungskommission“), Projekt
Projekttitel: Erkenntnisse aus Anhörungen für die Zukunft bewahren
Laufzeit des Forschungsprojektes: 01.02.2016 – 31.03.2019
„Die Ergebnisse des Projektes werden in Form von Fachartikeln veröffentlicht“
Ein weiteres Projekt.
Laufzeit des Forschungsprojektes: 01.04.2019 – 31.03.2021
Projekttitel: Gesellschaftliche Aufarbeitung sexualisierter Gewalt gegen Kinder in der Familie. Gesellschaftstheoretische, erziehungswissenschaftliche und familienpolitische Erkenntnisse aus den Anhörungen und schriftlichen Berichten
„Als Ergebnis soll eine Fallstudie vorgelegt werden. Diese will auch einen Beitrag dazu leisten, zu klären, wie gesellschaftliche Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Familie aussehen und was sie leisten kann.“
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Ihre eigene Arbeit („Was wir tun“) beschreibt die Aufarbeitungskommission auch so:
„Mit Hilfe von Betroffenen und Zeitzeuginnen und Zeitzeugen wollen wir in der Gesellschaft etwas ändern. Aus unseren Erkenntnissen können wir Handlungsempfehlungen an die Politik ableiten und in die gesellschaftliche Debatte einbringen. Was sich ändern muss, damit sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen zukünftig besser verhindert wird, ist eine zentrale Frage der Aufarbeitung. Wir werden regelmäßig von unserer Arbeit berichten und über Ergebnisse von Anhörungen, Zeitzeugengesprächen, öffentlichen Hearings und Fachveranstaltungen informieren.“
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Grundverständnis der Aufarbeitungskommission ist unter anderem:
• „Wir beurteilen Sie nicht.“
• „Wir versprechen Ihnen, dass Sie anonym bleiben, auch dann wenn Ihre Erfahrungen zusammengefasst veröffentlicht werden.“
• „Mit der Aufarbeitung wollen wir eine größere Geschichte in die Gesellschaft tragen.“
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Es gibt ehrenamtliche Mitarbeiter und zusätzlich ein „Anhörungsteam“:
„Wegen der Ehrenamtlichkeit unserer Tätigkeit können wir nur einen Teil der Betroffenen selbst anhören. Weitere vertrauliche Anhörungen erfolgen deutschlandweit in größeren Städten durch unser Anhörungsteam. Mitglieder dieses Teams sind Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die wir vor allem nach ihrer Eignung zum Umgang mit Betroffenen ausgewählt haben. Unsere Anhörungsbeauftragten werden die Gespräche nach den von uns erarbeiteten Leitlinien führen und dokumentieren. Wie wir selbst arbeiten sie eng mit Beratungsstellen für Betroffene zusammen, die bei Bedarf vor Ort eine psychosoziale Unterstützung gewährleisten. Sämtliche Berichte werden von uns gelesen und in unsere Arbeit als Kommission einfließen.“
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(Quelle: aufarbeitungskommission.de)
Man verwechsele „Andresen“ / „Aufarbeitungskommission“
nicht
mit
UBSKM Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs
(Internetauftritt: beauftragter-missbrauch.de)
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Noch zum UBSKM:
Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) ist ein Amt, das von der deutschen Bundesregierung geschaffen wurde. Es wurde ab März 2010 von Christine Bergmann ausgeübt, die sich als „Unabhängige Beauftragte zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs“ an der Aufarbeitung beteiligen sollte. Ihr folgte im Dezember 2011 Johannes-Wilhelm Rörig nach.
Bergmann veröffentlichte 2011 einen Zwischenbericht für den Runden Tisch Sexueller Kindesmissbrauch.
Januar 2020 (…) dankte Landrat Frank Puchtler jetzt den Jubilaren, die seit (…) gar 40 Jahren bei der Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises tätig sind (…) Bettina Riehl-Rosenthal
https://www.rhein-lahn-kreis.de/aktuelles/2020/seit-vielen-jahren-bei-der-kreisverwaltung-taetig/
Verwaltungsgliederungsplan
(…) Jugendschutz (…) Riehl-Rosenthal
https://www.rhein-lahn-kreis.de/verwaltung-service/organisationsplan/2019-10-08-verw-glpl.pdf?cid=52q&cid=52q&cid=52q
(…) an Landrat Frank Puchtler (Mitte) für das Team Jugendpflege/Jugendschutz der Kreisverwaltung
https://www.blick-aktuell.de/Berichte/Hilfe-fuer-Kinder-in-Notlagen-337539.html
„Entdecke Rhein-Lahn“, so heißt die Sendereihe, welche die Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft Rhein-Lahn zusammen mit „WWTV / TV Mittelrhein“ ins Leben gerufen hat. (…) Wolf-Dieter Matern [der WFG-Geschäftsführer]
https://wfgrheinlahn.de/html/cs_6630.html?PHPSESSID=iueoqgrq54d80nr274cuhcg117
Gemeinde Balduinstein (…) Entstehung und Enthüllung unseres Begrüßungssteines am 26. August 2016 (…) Frank Puchtler und Wolf-Dieter Matern erhalten eine Miniaturnachbildung
https://www.gemeinde-balduinstein.de/fotos/veranstaltungen-2019/2016/
„Gemeinde Balduinstein (…) Entstehung und Enthüllung unseres Begrüßungssteines am 26. August 2016 (…) Frank Puchtler und Wolf-Dieter Matern erhalten eine Miniaturnachbildung“
Zur dritten Bildsammlung:
Skulpturenausstellung 16.-17. April 2016
h ttps://www.gemeinde-balduinstein.de/fotos/veranstaltungen-2019/2016/
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Das Bündische und die Kunst
Kunst bringt die Menschheit weiter gerade auch durch das verblüffende Detail, (nämlich) den ungewohnten Blickwinkel, durch eine Veränderung der Perspektive. Insofern ist Kunst Revolution und die wahre Künstlerschaft avantgardistisch. Ob im Laufe von 120 Jahren praktisch erreicht oder eher verfehlt, zur gesellschaftlichen Avantgarde zu gehören, ist auch ein jugendbewegter Anspruch.
Es ist vier Jahre her, die Steinbildhauerworkshops hatten Jubuiläum. Alle in einer eigenen festlichen Ausstellung auf dem Gelände der Jugendburg gezeigten Kunstwerke waren „in [den] letzten 20 Jahren“ entstanden, wie in Foto eins beschrieben, nämlich „1995-2005“. Foto eins, man nennt Austellungstitel und Räumlichkeit: „Balduin-Stein-Skulpturen (…) Ausstellung (…) im großen Saal auf der Burg Balduinstein“.
Der menschliche Körper fasziniert insbesondere die Künstler der Menschheit sei jeher und ist seit Antike und Renaissance sozusagen das Maß aller Dinge. Aus dem Stein herausgemeißelt entsprechend … da ein Gesicht, … dort, seien wir doch nicht so prüde, ein Hintern, und, vielleicht beachtlich, unter „Skulpturenausstellung 16.-17. April 2016“, das Foto
zweite Reihe, fünftes von links
…, das Kunstwerk erscheint, nun tut doch nicht so schamhaft, wie eine menschliche Glans Penis. Die penile Eichel verblüffend groß dimensioniert, das als Vorbild dienende momentane genitale Durchblutungsstadium offensichtlich tendenziell prachtvoll prall. Auch noch einmal, dort ganz links, mit Personengruppe im letzten Bild, dritte Zeile. Gewiss, der humane Körper ist immer wieder einen Blick wert.
Kein Kunstwerk ohne Künstler! Wer wohl diese Huldigung an das maskuline Genital in Stein verewigt hat? Vielleicht hat mit Hammer und Meißel gar ein wahrhaftiger Bündischer den Marmor geklöpfelt?
Wenn ja, wohin will der dann jugendbewegte Artist unsere Perspektive und Neubesinnung lenken, bündisch wie überbündisch, sozial avantgardistisch, sexuell revolutionär?
Man verstehe mich nicht falsch, ich rufe nicht nach Zensur des Blickwinkels und Gestaltens, es bleibt grundsätzlich wichtig, auch den unbekleideten menschlichen Körper künstlerisch darzustellen oder Sexualität kreativ zur Sprache zu bringen.
Willkommen, hier entlang bitte. Ein Stein zur Begüßung.
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Homepage Gemeinde Balduinstein, die Bildreihe zum Begrüßungsstein:
Entstehung und Enthüllung unseres Begrüßungssteines am 26. August 2016
Fünfte Zeile erstes Bild
Die Spender sind genannt, zuerst NASPA das ist die Nassauische Sparkasse, es folgt die Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft (WFG) Rhein-Lahn, an dritter Stelle dann die dem Wandervogel bzw. der bündischen Jugend entstammende und in ihrer Vergangenheit durch sexuellen Missbrauch an Jungen bekannte gewordene Jugendburg, dann die örtliche Feuerwehr, noch etliche mehr, gegen Ende die Bürgermeisterin.
Die Gemeinde Balduinstein beschreibt das Foto: „Die Namen der großzügigen Spender wurden in Stein gehauen“.
h ttps://www.gemeinde-balduinstein.de/fotos/veranstaltungen-2019/2016/
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FNP vom 19.03.2016 „der Name des Spenders auf der Rückseite eingemeißelt“
h ttps://www.fnp.de/lokales/limburg-weilburg/balduin-stein-10636123.html
Die Feuerwehr auf Facebook: „Tätärätätätätä (…) In Balesta is Kermes“ [Hochdeutsch: In Balduinstein ist Kirmes].
h ttps://www.facebook.com/feuerwehr.balduinstein/posts/1103638593023183/
Geeignete beispielhafte Institutionen der Aufarbeitung sind Zartbitter und Wildwasser, nämlich ganz weg vom schier unvermeidbaren bündischen Morast aus Kameradentreue und Abhängigkeit. Eine bündische Institution der Aufdeckung – „dritte Instanz“ – läuft auf (erneutes, Anm.) Sektierertum und, spätestens beim Reden über „eine Art transitional justice, wie sie bei völkerrechtlichen Verbrechen praktiziert wird“, auf eine stets unbedingt zu vermeidende Paralleljustiz hinaus. Das entmündigt, durch Schaffung einer allein sprachfähigen edlen Kaste von Professionellen, die bündische Basis, die ja in Sachen Missbrauchsaufarbeitung nicht professionell ausgebildet wird sprich die doof ist, stumm zu bleiben hat.
Täter-Opfer-Ausgleich, unter Erwachsenen (18+) grundsätzlich sinnvoll, betrifft zwei Individuen, das einer bündischen Gruppe entstammende Opfer allerdings müsste erst einmal volljährig sein und sich dann, was Jahre dauern kann, von seinem Treueverhältnis zum bündischen Täter emanzipieren. Zur Aufarbeitung ausgerechnet (warum eigentlich?) Bündische einzusetzen, bedeutet schlimmstenfalls den Bock zum Gärtner zu machen.
Aufarbeitung ist nicht dazu da, sozusagen um jeden Preis Leid zu vermeiden. Denn das Opfer soll gerade nicht dafür sorgen, dass der Täter nur ja möglichst wenig Leid verspürt. Ein pauschales Ziel der maximalen Leidminderung für den Täter wäre eine Pervertierung des Gedankens vom Täter-Opfer-Ausgleich. Riskieren wir daher, zu sagen: Das Bedürfnis des Opfers nach Rache ist sehr verständlich und erst einmal nichts Schlechtes.
Eine „dritte Instanz“ zu schaffen (einen „Raum als sicheren Ort“) gibt sich dem Prinzip Hinterzimmer hin. Vollendet gruselig ist der einst durch den AK Tabubruch vorgeschlagene Gedanke eines Gelöbnisses zur Verschwiegenheit („Vertraulichkeitsvereinbarung der Netzwerktreffen“), die begeisterte Forderung nach dem Maulkorb. Damals freute man sich, künftig die Namen der Täter nicht mehr nennen zu dürfen, jene seien nur noch „im fachlichen Kontext der Arbeitskreise der Bünde besprechbar“, die Täter freuen sich mit.
Gute Gedanken. Aber vielleicht mal konkret: Die Forderung steht im Raum, dass das FBB Aufarbeitung machen soll. Das find ich etwas abstrakt. Mal das Gedankenexperiment, die wären bereit, sich der eigenen Geschichte zu stellen. Was sollen sie denn nun ganz konkret auf welche Weise und in welcher Reihenfolge tun?
Zur verweigerten, ausstehenden Aufarbeitung und ebenfalls zu einer ernst gemeinten bündischen Prävention
gehört die ausführliche, schriftlich dokumentierte, jederzeit öffentlich zugängliche Darstellung, was alles zu den Übergriffen auf Jungen führte sowie was sie begleitete.
Zu diesen begünstigenden und begleitenden Rahmenbedingungen seit 1974 ist, sobald dort die skandalöserweise ausstehende Aufarbeitung der Vergangenheit der eigenen Institution erwünscht sein wird, durch den neuen heutigen Vorstand, d. h. durch Annegret Nortmeyer („vorstand: vorsitzende“) und Mitarbeiter (gemeinsam der „vorstand der burg“) darzulegen in Bezug auf ihre Jugendburg:
Die Bedeutung der Epoche Hohlenfels, Kontakte nach Rees, die Bedeutung der überbündischen Feste / Treffen bzw. der Singetreffen / Singewettstreite in Balduinstein oder mit Balduinsteinbeteiligung andernorts, die Rolle der Zeitschriften, die der Falado, der balduinsteinnahen gj grauen jungenschaft incl. Pädo-Idol fred Alfred Schmid, Rolle, Herstellung und Vertrieb der „Atmosphäre“ herstellenden Fotos bzw. Kunstwerke von der silbernen Reihe der Zeitschrift eisbrecher bis zum Gengenbacher Nacktjungenmaler, die päderastische „Pädagogik“ des „Sexualaufklärers“ und mindestens zweimaligen (1988, 1990) Referenten beim Freien Bildungswerk Balduinstein Prof. Dr. Helmut Kentler, Hochschullehrer von 1976 bis 1996.
Dazu gehört die detaillierte Analyse
der Verbindungen von Funktionsträgern bzw. Verantwortlichen der Jugendburg Balduinstein ab 1974 mit den eigenen sowie den befreundeten weiteren bündischen Tätern. Zu diesen Verbindungen kann auch das Gutheißen, Billigen, Verharmlosen oder Beschweigen der jeweiligen Missbrauchstat gehören. Taten geschahen auf der Burg oder andernorts in Deutschland oder im Ausland.
Oh, da gäbs noch eine lange Reihe weiterer Untersuchungsgegenstände. Aber mich interessiert vielmehr zunächst:
– Wer soll das machen? Doch etwa nicht „die Burg“?
– Wie stellst du dir das vor, wie im öffentlichen Raum der Totaltransparenz mit den Quellen umgegangen werden soll, du siehst ja, wie schnell hier die Rechte zum Schutz der Persönlichkeit oder auch Urheberrechte verletzt werden. Frag mal die Almi, was alles NICHT in ihrem Buch steht oder nur andeutungsweise, weil es da eben gewisse rechtliche Bedingungen gibt.
– Eine Auflistung von Taten, Tätern und Netzwerken reicht nicht. Wer beurteilt denn Kontexte, Zusammenhänge und Hintergründe? Wer hebt denn die Erkenntnisse, die da drin liegen für eine differenzierte Bewertung der Vergangenheit hinsichtlich einer anschlussfähigen Deutung für die Gegenwart und Zukunft?
– Wie stellst du dir die schwierige und sensible Arbeit mit den Betroffenen vor, die nicht selten in sehr tiefen ambivalenten Konstrukten hängen und denen individuelle Betroffenengerechtigkeit wiederfahren muss?
– Wie stellst du dir eine notwendig sachliche Auseinandersetzung in der jetzigen emotional aufgepeitschten Situation vor?
Ohne aktive Beteiligung des Bildungswerkes wird es aber auch schwierig, weil dann Zugriff auf Quellen erschwert oder unmöglich gemacht werden. Außerdem gibt es immer zwei Seiten.
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Vom Felbertal (1951) nach Balduinstein (1951)
„Alexej Stachowitsch … 1951: Gründung des „Werkschulheim Felbertal“ … 1974: Mitbegründung des Freien Bildungswerkes Balduinstein und damit von Burg Balduinstein; 22.05.1974 Einzug auf der Burg.“
h ttp://www.scout-o-wiki.de/index.php/Alexej_Stachowitsch
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kurier.at: Ihr Bruder war Schüler an der Odenwaldschule, von der schwere Missbrauchsfälle bekannt geworden sind. (…)
Kardinal Christoph Schönborn: (…) Er war genau zu der Zeit dort, als das geschah. Auch mit meinem älteren Bruder habe ich viel geredet. Er war im Werkschulheim Felbertal, die Entlassung des damaligen Direktors hatte dieselben Gründe.
h ttp://kurier.at/politik/schoenborn-muessen-vom-hohen-ross-steigen/731.290
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Doris Wagner, Kardinal Christoph Schönborn – 2019 – Religion
Schuld und Verantwortung: Ein Gespräch über Macht und Missbrauch in der Kirche
(…) Sakrosankte. Meister, ausgenutzte Bedürftigkeit
Christoph Schönborn: Mit der Missbrauchsfrage bin ich eigentlich das erste Mal über Berichte in Berührung gekommen, die berühmte säkulare Schulen betrafen: das Werkschulheim Felbertal, eine Pionierschule, die inzwischen nicht mehr am alten Standort ist. Der Gründer und Direktor dieser Schule, Alexej Stachowitsch, ein Russe, war ein begnadeter Pädagoge, aber er war auch ein Pädophiler. Der andere Bericht betraf die Odenwaldschule, wo der berühmte Gerold Becker massiven Missbrauch betrieben hat.
Innerkirchlich wurde ich zum ersten Mal massiv mit dem Thema Missbrauch (…) über meinen Vorgänger Kardinal Hans Hermann Groër: Vorwurf des Missbrauchs von Jugendlichen als Lehrer im Knabenseminar in Hollabrunn. (…)
h ttps://books.google.de/books?id=_QibDwAAQBAJ&printsec=frontcover&hl=de#v=onepage&q&f=false
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Axi unterwegs:
Vom Felbertal (1951-58) nach Balduinstein (ab 1974)
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Teilnahme am 4th World Rover Moot (in Skjåk Skjak, Norwegen) bzw. an der (in Elvesæter Elvesaeter, Norwegen) abgehaltenen 12th World Scout Conference – im August 1949,
Programmchef und Lagerliedverfasser beim siebten Weltjamboree in Bad Ischl (Österreich) im August 1951,
Gründer und Direktor des Werkschulheims Felbertal – Spätherbst 1951 bis Frühjahr 1958,
Besuch auf der Burg Waldeck (spätestens) Dezember 1961,
Burg Hohlenfels um 1970, Balduinstein ab 1974,
Weroth (Westerwald) ab 1983.
Und jetzt?
Ist das Aufarbeitung? Fünf Daten raushauen und jetzt dürfen alle mal fleißig assoziieren und spekulieren? Puh.
Missbrauch: Aufarbeitung statt Nebelwurf oder Gaslighting
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Zitat.
12. Juni 2020, Konrad: Oh, da gäbs noch eine lange Reihe weiterer Untersuchungsgegenstände. Aber mich interessiert vielmehr zunächst:
– Wer soll das machen? Doch etwa nicht „die Burg“?
– Wie stellst du dir das vor, wie im öffentlichen Raum der Totaltransparenz mit den Quellen umgegangen werden soll, du siehst ja, wie schnell hier die Rechte zum Schutz der Persönlichkeit oder auch Urheberrechte verletzt werden. Frag mal die Almi, was alles NICHT in ihrem Buch steht oder nur andeutungsweise, weil es da eben gewisse rechtliche Bedingungen gibt.
– Eine Auflistung von Taten, Tätern und Netzwerken reicht nicht. Wer beurteilt denn Kontexte, Zusammenhänge und Hintergründe? Wer hebt denn die Erkenntnisse, die da drin liegen für eine differenzierte Bewertung der Vergangenheit hinsichtlich einer anschlussfähigen Deutung für die Gegenwart und Zukunft?
– Wie stellst du dir die schwierige und sensible Arbeit mit den Betroffenen vor, die nicht selten in sehr tiefen ambivalenten Konstrukten hängen und denen individuelle Betroffenengerechtigkeit wiederfahren muss?
– Wie stellst du dir eine notwendig sachliche Auseinandersetzung in der jetzigen emotional aufgepeitschten Situation vor?
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Zitatende. Dieser erste Kommentar Konrads wird unten analysiert.
Vorerst kurz zum zweiten Kommentar des anonym bleibenden Konrad, ihm vorausgegangen war die zum Weiterentwickeln, Weiteraufklären unabdingbare Nennung des folgenreichen Lebenswegs des selbstgefälligen österreichischen Pfadfinders, Schulgründers von Werkschulheim Felbertal, deutschen Wandervogels, bündisch-überbündischen Gurus und selbstverliebten jugendbewegten Missbrauchstäters axi, zu dem Kardinal Christoph Schönborn (Doris Wagner, Kardinal Christoph Schönborn: Schuld und Verantwortung: Ein Gespräch über Macht und Missbrauch in der Kirche) 2019 feststellte: „Der Gründer und Direktor dieser Schule, Alexej Stachowitsch, ein Russe, war ein begnadeter Pädagoge, aber er war auch ein Pädophiler.“
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Kommentator thymian am 08. Juni 2020.
Vom Felbertal (1951-58) nach Balduinstein (ab 1974)
• Teilnahme am 4th World Rover Moot (in Skjåk Skjak, Norwegen) bzw. an der (in Elvesæter Elvesaeter, Norwegen) abgehaltenen 12th World Scout Conference – im August 1949, Programmchef und Lagerliedverfasser beim siebten Weltjamboree in Bad Ischl (Österreich) im August 1951
• Gründer und Direktor des Werkschulheims Felbertal – Spätherbst 1951 bis Frühjahr 1958, • Besuch auf der Burg Waldeck (spätestens) Dezember 1961
• Burg Hohlenfels um 1970
• Balduinstein ab 1974
• Weroth (Westerwald) ab 1983
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Auch genau darum geht es, die Lebenswege der bündischen Täter durch Landschaften und durch Zeitabläufe zu besprechen, ihr Heranwandern an markante, nicht selten berühmte Orte (z. B. Ludwigstein; Waldeck), ihren selbstbewussten Zug durch täterseits genau überblickte jugendbewegt-bündische Jahrzehnte. Entscheidend zu gelingender Aufarbeitung wie Prävention, dass endlich auch die Opfer und ihre Freunde sowie alle an guter Jugendarbeit interessierten Menschen den personellen (die Täter) und raum-zeitlichen (die Tatorte und Tatzeiten) Überblick erlangen und behalten. Sich im Gelände und im Jahreslauf orientieren lernen, kann und soll jedes Kind.
Konrad indessen scheint Strukturen klaren Denkens und genauen Erkennens zu verabscheuen und wird patzig:
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„Und jetzt?“
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Nebel werfen und den Strukturfreund ein bisschen bespucken, verächtlich machen:
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„Ist das Aufarbeitung? Fünf Daten raushauen und jetzt dürfen alle mal fleißig assoziieren und spekulieren? Puh.“
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Aber Nein, Konrad, unser Fakten nennen, unser Anprangern der beispielsweise gerichtlich festgehaltenen Taten ist kein Assoziieren oder Spekulieren. Obschon auch zusätzliche Phantasie nützlich sein kann, um bislang ungenannten Missbrauchsorten, Missbrauchstaten oder weiteren Missbrauchern auf die Spur zu kommen, das bündische Pädo-Netzwerk wucherte üppig.
Im Ansatz richtig hingegen dein, leider nur spöttisch-empört anfragendes, Bestreben: „jetzt dürfen alle“. Denn nicht eine hehre Elite soll Durchblick und Rederecht haben, sondern selbstverständlich jedermann („alle“) ab 18 Jahre, und alle Minderjährigen in den Bünden oder Gruppen seien immerhin so sehr mit Information ausgestattet, dass sie nicht Missbrauchsopfer werden.
Konrads Kommentar auseinandergenommen.
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12. Juni 2020, Konrad: Oh, da gäbs noch eine lange Reihe weiterer Untersuchungsgegenstände.
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Hütchenspielertrick, am unangenehmen Thema vorbei ins Vage deuten.
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Aber mich interessiert vielmehr zunächst:
– Wer soll das machen?
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Jeder.
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Doch etwa nicht „die Burg“?
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Selbstverständlich auch der vielfache Tatort in Balduinstein, die sogenannte Burg.
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– Wie stellst du dir das vor, wie im öffentlichen Raum der Totaltransparenz mit den Quellen umgegangen werden soll, du siehst ja, wie schnell hier die Rechte zum Schutz der Persönlichkeit oder auch Urheberrechte verletzt werden. Frag mal die Almi, was alles NICHT in ihrem Buch steht oder nur andeutungsweise, weil es da eben gewisse rechtliche Bedingungen gibt.
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„Totaltransparenz“ – das ist so, als wenn ein schlechter jedenfalls fauler Matheschüler dem Lehrer vorwürfe, zur Erlangung der Schulnote Eins Totalnachvollziehbarkeit zu verlangen. Der engagierte Virenbekämpfer im Hospital sei ein Totalhygieniker. Um was es allerdings geht, ganz und gar („total“). Eine bündische Gruppe mit einem den Eltern ebenso wie der deutschen Justiz planmäßig verborgenen sexuellen Geheimnis gehört überbündisch geächtet und gestoppt.
Jetzt soll alles menschliche Erkennen im Treibsand des Konstruktivismus versickern:
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– Eine Auflistung von Taten, Tätern und Netzwerken reicht nicht.
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Na, Balduinsteiner, macht doch erstmal dieses, ihr wart doch mittendrin 30 Jahre lang.
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Wer beurteilt denn Kontexte, Zusammenhänge und Hintergründe?
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Soso, wenn ein Afrikaner, Schafiit oder Dawoodi Bohra an einem Mädchen FGM (weibliche Genitalverstümmelung) ausübt, ist, das darf ich einmal unterstellen, für Konrad nicht die Gewalttat das Hauptanliegen, die weltweit und allezeit unakzeptable Menschenrechtsverletzung, sondern das Grübeln über „Kontexte, Zusammenhänge und Hintergründe“.
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Wer hebt denn die Erkenntnisse, die da drin liegen für eine differenzierte Bewertung der Vergangenheit hinsichtlich einer anschlussfähigen Deutung für die Gegenwart und Zukunft?
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Keine Sorge, gemeinsam schaffen wir das. Almi etwa hat da „für die Gegenwart und Zukunft“ mit OvH (Ohne vorgehaltene Hand – Netzwerke sexuellen Missbrauchs in der deutschen Pfadfinder- und Jugendbewegung) ausgezeichnete Arbeit geleistet, auch ausgesprochen balduinsteinrelevant übrigens.
Jetzt kommt die Unkultur der falsch oder richtig verstandenen Dialektik bzw. des radikalen Konstruktivismus. Konrad will nichts selber tun, sondern bündisch sachkundige große Meister das irgendwie komplexe Problem solange bewerten und differenzieren lassen, bis die schlimme Vergangenheit des sexuellen Missbrauchs an Jungen glücklich entsorgt ist, und nur das Wandervogel-Weltall in Weisheit erschauende Lichtgestalten dürfen die gewonnene illustre Erkenntnis ins heute und morgen emportragen, hinaufheben („wer hebt“).
Auch die Opfer bleiben nicht unerwähnt, die für Konrad allerdings noch nicht einmal Experten in ihrer eigenen schlimmen Sache sind, sondern die unglücklich „hängen“, in der Tiefe nämlich, welche „in sehr tiefen ambivalenten Konstrukten hängen“. Die Empathieverweigerung Jungen gegenüber, siehe männliche Genitalverstümmelung genannt Beschneidung, ist weltweit leider immer noch gewaltig hoch, doch man wage es hierzulande, missbrauchten oder vergewaltigten Mädchen öffentlich vorzuwerfen oder zu attestieren, sie würden „in sehr tiefen ambivalenten Konstrukten hängen“.
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– Wie stellst du dir die schwierige und sensible Arbeit mit den Betroffenen vor, die nicht selten in sehr tiefen ambivalenten Konstrukten hängen und denen individuelle Betroffenengerechtigkeit wiederfahren muss?
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Antrag abgelehnt, hier ist Bundesrepublik, keine Sponti-Republik. Es ist im Rechtsstaat einerlei, ob das Opfer gottesfürchtig oder atheistisch ist, welche Hautfarbe es hat, welche Schuhgröße. Wir brauchen keine „individuelle Betroffenengerechtigkeit“, wir brauchen Gerechtigkeit, verlässliche Gesetze und die Strafe für den Täter. Die Unkultur des Missbrauchs in den Bünden war nicht ein Einzelfall hier und ein anderer Einzelfall dort, sondern hatte und war System. Entsprechend ist auch die Aufarbeitung nicht fallbezogen in getrennte Hinterzimmer zu verlagern, sondern als Gesamtbild sichtbar zu machen. Auch ist die Gemeinschaftlichkeit und möglichst Solidarität zwischen den Betroffenen nach Kräften zu fördern und nicht durch asoziale („individuelle“) Fallbearbeitung zu zerstückeln.
Ich verstehe Konrad so: Nicht in den Taten lag und liegt das eigentliche moralische, pädagogische und juristische Problem, sondern in den allen Beteiligten Unrecht tuenden, zwielichtigen oder gar von inneren Widersprüchen geplagten Konstruktionen („Konstrukten“).
Das „nicht selten in sehr tiefen ambivalenten Konstrukten hängen“ ist Gaslighting pur. Gaslighting beinhaltet auch: Gewaltopfer, du kannst dir letztlich kein verallgemeinerbares Urteil zutrauen, deine Sicht der Dinge ist Unfug und letztlich falsch.
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– Wie stellst du dir eine notwendig sachliche Auseinandersetzung in der jetzigen emotional aufgepeitschten Situation vor?
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Hier wird bereits jedem geringfügig Empörten die Kompetenz zum Aufarbeiten abgesprochen. Das Wort jetzig („jetzigen“, „in der jetzigen emotional aufgepeitschten Situation“) entbehrt einer gewissen Komik nicht, denn seit Hans Blüher und Gustav Wyneken ist doch ein bisschen Wasser die Elbe und den Rhein heruntergeflossen.
Wenig nachvollziehbar ist Konrads grundsätzliche Attestierung einer aktuell bestehenden pfadfinderischen bzw. bündischen übergroßen Aufgeregtheit, einer „emotional aufgepeitschten Situation“. Vielleicht möchte der Nebelwerfer uns sagen: Beruhigt euch endlich, damit ihr irgendwann in meinem Sinne diskurstauglich werdet.
Dazu meine Antwort an „Konrad“
Missbrauch: Aufarbeitung statt Nebelwurf oder Gaslighting
(…)
Vorerst kurz zum zweiten Kommentar des anonym bleibenden König Konrad. Seinem Kommentar vorausgegangen war die zum Weiterentwickeln, Weiteraufklären unabdingbare Nennung und Aufzählung des folgenreichen Lebenswegs des selbstgefälligen österreichischen Pfadfinders, Schulgründers von Werkschulheim Felbertal, deutschen Wandervogels, bündisch-überbündischen Gurus und selbstverliebten jugendbewegten Missbrauchstäters axi, zu dem Kardinal Christoph Schönborn (Doris Wagner, Kardinal Christoph Schönborn: Schuld und Verantwortung: Ein Gespräch über Macht und Missbrauch in der Kirche) 2019 feststellte: „Der Gründer und Direktor dieser Schule, Alexej Stachowitsch, ein Russe, war ein begnadeter Pädagoge, aber er war auch ein Pädophiler.“
Kommentator thymian am 08. Juni 2020.
Vom Felbertal (1951-58) nach Balduinstein (ab 1974)
• Teilnahme am 4th World Rover Moot (in Skjåk Skjak, Norwegen) bzw. an der (in Elvesæter Elvesaeter, Norwegen) abgehaltenen 12th World Scout Conference – im August 1949
• Programmchef und Lagerliedverfasser beim siebten Weltjamboree in Bad Ischl (Österreich) im August 1951
• Gründer und Direktor des Werkschulheims Felbertal – Spätherbst 1951 bis Frühjahr 1958
• Besuch auf der Burg Waldeck (spätestens) Dezember 1961
• Burg Hohlenfels um 1970
• Balduinstein ab 1974
• Weroth (Westerwald) ab 1983
Ende Kommentar thymian.
Auch genau darum geht es, die Lebenswege der bündischen Täter durch Landschaften und durch Zeitabläufe zu sehen und zu besprechen, ihr Heranwandern an markante, nicht selten berühmte Orte (z. B. Ludwigstein; Waldeck), ihren selbstbewussten Zug durch täterseits genau überblickte jugendbewegt-bündische Jahrzehnte. Entscheidend zu gelingender Aufarbeitung wie Prävention, dass endlich auch die Opfer und ihre Freunde sowie alle an guter Jugendarbeit interessierten Menschen den personellen (die Täter) und raum-zeitlichen (die Tatorte und Tatzeiten) Überblick erlangen und behalten. Sich im Gelände und im Jahreslauf orientieren lernen, das kann und soll jedes Kind.
Der Balduinsteiner Burgverteidiger indessen scheint Strukturen klaren Denkens und genauen Erkennens, mindestens bei anderen Menschen, zu scheuen und wird patzig:
„Und jetzt?“
Nebel werfen und den Strukturfreund ein bisschen bespucken, verächtlich machen:
„Ist das Aufarbeitung? Fünf Daten raushauen und jetzt dürfen alle mal fleißig assoziieren und spekulieren? Puh.“
Aber Nein, Konrad, unser Fakten nennen, unser Anprangern der beispielsweise gerichtlich festgehaltenen Taten ist kein Assoziieren oder Spekulieren. Obschon auch zusätzliche Phantasie nützlich sein kann, um bislang ungenannten Missbrauchs-Orten, ungenannten Taten sexualisierter Gewalt oder weiteren Missbrauchern auf die Spur zu kommen, das bündische Netzwerk der Täter und Tolerierer wucherte üppig und ist bis heute einflussreich. Jedes ordentliche Diagramm beginnt mit dem, ausreichend weit dimensionierten, Anlegen von x- und y-Achse und dann geht es, Punkt für Punkt, an das dauerhafte Sichtbarmachen.
Im Ansatz richtig hingegen dein, leider nur spöttisch-empört anfragendes, Bestreben: „jetzt dürfen alle“. Denn nicht eine hehre Elite soll Durchblick und Rederecht haben, sondern selbstverständlich jedermann („alle“) ab 18 Jahre, und alle Minderjährigen in den Bünden oder Gruppen seien mindestens so sehr mit Information ausgestattet, dass sie nicht Missbrauchsopfer werden und ihre gleichaltrigen oder jüngeren Kameraden erfolgreich schützen können. Allerdings, „jetzt dürfen alle“, das Prinzip Hinterzimmer ist beendet, vom Kennenlernen der Fakten sowie vom Aufarbeiten ist niemand länger ausgeschlossen.
Konrads Kommentar auseinandergenommen.
12. Juni 2020, Konrad: Oh, da gäbs noch eine lange Reihe weiterer Untersuchungsgegenstände.
Hütchenspielertrick, am unangenehmen Thema vorbei ins Vage deuten.
Aber mich interessiert vielmehr zunächst:
– Wer soll das machen?
Jeder.
Doch etwa nicht „die Burg“?
Selbstverständlich auch der vielfache Tatort in Balduinstein, die sogenannte Burg.
– Wie stellst du dir das vor, wie im öffentlichen Raum der Totaltransparenz mit den Quellen umgegangen werden soll, du siehst ja, wie schnell hier die Rechte zum Schutz der Persönlichkeit oder auch Urheberrechte verletzt werden. Frag mal die Almi, was alles NICHT in ihrem Buch steht oder nur andeutungsweise, weil es da eben gewisse rechtliche Bedingungen gibt.
„Totaltransparenz“ – das ist so, als wenn ein schlechter jedenfalls fauler Matheschüler seinem Lehrer vorwürfe, zur Erlangung der Schulnote Eins rücksichtslos Totalnachvollziehbarkeit zu verlangen. Der engagierte professionelle Virenbekämpfer im Hospital sei ein verranter Totalhygieniker. Der beim Foulspiel ertappte Fußballer, vom Spielfeld geschickt, nennt den Schiedsrichter totalpedantisch, der beim Fremdgehen ertappte Mann bezeichnet seine Ehefrau als total unromantisch.
Um was es allerdings geht, ganz und gar („total“). Eine bündische Gruppe mit einem den Eltern ebenso wie der deutschen Justiz planmäßig verborgenen sexuellen Geheimnis gehört überbündisch geächtet und gesellschaftlich gestoppt.
Jetzt soll alles menschliche Erkennen im Treibsand des Konstruktivismus versickern:
– Eine Auflistung von Taten, Tätern und Netzwerken reicht nicht.
Na, Balduinsteiner, macht doch erstmal dieses, ihr wart doch mittendrin 30 Jahre lang.
[Wer beurteilt denn] Kontexte, Zusammenhänge und Hintergründe?
Soso, wenn ein traditionsbewusster Afrikaner, frommer Schafiit oder gottesfürchtiger Dawoodi Bohra an einem Mädchen FGM (weibliche Genitalverstümmelung) ausübt, dann ist, das darf ich einmal unterstellen, für Konrad nicht die Gewalttat das persönliche Hauptinteresse, nicht die weltweit und allezeit unakzeptable Menschenrechtsverletzung, sondern das ggf. ergebnislose Grübeln über „Kontexte, Zusammenhänge und Hintergründe“. Den Satz kann man auch anders betonen.
Wer beurteilt denn [Kontexte, Zusammenhänge und Hintergründe?]
Jeder beurteilt. Jeder aufmerksame Leser des OvH etwa beurteilt diese Zusammenhänge und Vorgeschichten. Bei Bedarf zusätzlich ein Richter, indem er ein Urteil spricht.
Wer hebt denn die Erkenntnisse, die da drin liegen für eine differenzierte Bewertung der Vergangenheit hinsichtlich einer anschlussfähigen Deutung für die Gegenwart und Zukunft?
Keine Sorge, gemeinsam schaffen wir das. Almi etwa hat da „für die Gegenwart und Zukunft“ mit OvH (Ohne vorgehaltene Hand – Netzwerke sexuellen Missbrauchs in der deutschen Pfadfinder- und Jugendbewegung) wegweisend gearbeitet, eine ausgesprochen balduinsteinrelevante Arbeit übrigens.
Jetzt greift der Unbekannte zum Mittel der falsch oder richtig verstandenen Dialektik bzw. des radikalen Konstruktivismus. Päderastisch bzw. bündisch sachkundige große Meister, vielleicht ist Konrad einer von ihnen, sollen das irgendwie komplexe Problem solange bewerten und differenzieren lassen, bis die schlimme Vergangenheit des sexuellen Missbrauchs an Jungen glücklich entsorgt ist im großen Balduinsteiner Einerseits-Andererseits. Nur auserwählte, die Wandervogelwelt in Weisheit erschauende Lichtgestalten dürfen die gewonnene Erkenntnis ins heute und morgen emportragen, hinaufheben („wer hebt“).
Auch die Opfer bleiben nicht unerwähnt, die für König Konrad allerdings noch nicht einmal Experten in ihrer eigenen schlimmen Sache sind, sondern die unglücklich „hängen“, von weiterem Absturz bedroht über der Tiefe hängen oder die gefesselt hängen, unglückliche Gefangene im Netz des eigenen Strebens nach Vernunft und Redefreiheit, Betroffene, die „in sehr tiefen ambivalenten Konstrukten hängen“. Die Empathieverweigerung Jungen gegenüber, siehe männliche Genitalverstümmelung (MGM) genannt Beschneidung, ist weltweit leider immer noch gewaltig hoch, doch zum Glück für alle Kinder und Erwachsenen würde kaum einer wagen, sexuell missbrauchten oder vergewaltigten Mädchen öffentlich vorzuwerfen oder zu attestieren, sie würden „in sehr tiefen ambivalenten Konstrukten hängen“.
– Wie stellst du dir die schwierige und sensible Arbeit mit den Betroffenen vor, die nicht selten in sehr tiefen ambivalenten Konstrukten hängen und denen individuelle Betroffenengerechtigkeit widerfahren muss?
Antrag abgelehnt, hier ist Bundesrepublik, keine Sponti-Republik. Nicht nebenbei: Was würde uns Konrad („die schwierige und sensible Arbeit mit den Betroffenen“) empfehlen, wenn das möglicherweise irgendwie gillickkompetente oder genitalautonome Kind, Kind ist Mensch unter 18 Jahre, über den Missbraucher oder dessen Tun sagt: „Ich liebe diesen Mann“, oder: „Das alles war schon völlig ok so“?
Es ist im Rechtsstaat einerlei, ob das Opfer gottesfürchtig oder atheistisch ist, welche Leistung im Kopfrechnen es aufweist, welche Hautfarbe, welche Schuhgröße. Wir brauchen keine „individuelle Betroffenengerechtigkeit“, wir brauchen Gerechtigkeit, verlässliche Gesetze und die Strafe für den Täter. Das Jahrhundert an Unkultur des Missbrauchs in den Bünden bestand nicht aus einem Einzelfall hier und einem anderen Einzelfall dort, sondern hatte und war System. Entsprechend ist auch die Aufarbeitung nicht fallbezogen („individuell“) in getrennte Hinterzimmer zu verlagern, sondern als Gesamtbild öffentlich sichtbar zu machen.
Was die Betroffenen brauchen, ist die öffentliche Anerkennung der Tatsache, dass ihnen Unrecht geschehen ist und die Gewissheit, dass die Allgemeinheit den Täter mit rechtsstaatlichen Mitteln nach besten Kräften an der künftigen Begehung von derartigen Taten hindert. Was die Betroffenen und ihre Freunde brauchen, ist das Redendürfen und Schreibendürfen, privat wie öffentlich, ohne Zensur, ohne Selbstzensur.
Ferner darf „individuelle Betroffenengerechtigkeit“ nie darauf hinauslaufen, dass die Täter und Tolerierer im Rahmen einer esoterischen, d. h. der Außenwelt nicht zugänglichen Streitschlichtung erfolgreich darin sind, sich ein für sie günstiges Ergebnis zu produzieren, sobald der Betroffene nur ausreichend verschüchtert oder, vielleicht immer noch traumatisiert, ausreichend anspruchslos ist. Auch ist die Gemeinschaftlichkeit und möglichst Solidarität zwischen den Betroffenen nach Kräften zu fördern und nicht durch asoziale („individuelle“) Fallbearbeitung zu zerstückeln.
Ich verstehe Konrad so: Nicht in den Taten lag und liegt für ihn das eigentliche moralische, pädagogische und juristische Problem, sondern in den allen Beteiligten Unrecht tuenden, insbesondere aber den Betroffenen durch ihre Widersprüchlichkeit belastenden Konstruktionen („Konstrukten“) seitens der Außenwelt. Anders gesagt: Die Ressentiments oder Vorurteile der Umwelt vor allem würden es sein, die den Betroffenen belasten, nicht Täter und Tat.
Das „nicht selten in sehr tiefen ambivalenten Konstrukten hängen“ ist Gaslighting pur. Gaslighting beinhaltet auch: „Gewaltopfer, du kannst dir kein verallgemeinerbares Urteil zutrauen. Dein Zorn ist sinnlos, deine prägnante Sicht der Dinge ist Unfug und letztlich falsch. Sobald aber deine eigenwillige Perspektive spurlos im Ozean des Sowohl-als-auch aufgeht, im Wüstensand des Einerseits-Andererseits versickert, wird sie sozialverträglich, anschlussfähig für Gegenwart und Zukunft.“
– Wie stellst du dir eine notwendig sachliche Auseinandersetzung in der jetzigen emotional aufgepeitschten Situation vor?
Hier wird bereits jedem geringfügig Empörten die Kompetenz zum Aufarbeiten abgesprochen. Das „in der jetzigen emotional aufgepeitschten Situation“ entbehrt einer gewissen Komik nicht, denn seit Hans Blüher und Gustav Wyneken, solange kennen die Bünde das Päderastieproblem, ist nun doch ein bisschen Wasser die Elbe und den Rhein heruntergeflossen und die Jugendbewegung insgesamt war in dieser Zeit nie „emotional aufgepeitscht“ oder anders am Ende ihrer Kräfte, sondern selbstzufrieden, dumpf und verschnarcht.
„Beruhigt euch endlich, damit ihr irgendwann in meinem Sinne diskurstauglich werdet, gelangt dann unter meiner Führung zu einer anschlussfähigen Deutung für Gegenwart und Zukunft, indem ihr eure Kritik am Bildungswerk Balduinstein mehr und mehr relativiert und zuletzt glücklich beendet“, vielleicht möchte der Nebelwerfer uns dieses sagen.
Edward von Roy
Lieber Edward,
deine ausführliche Antwort enthält einige überzeugende Argumente und Perspektiven. Anderes kann man weiter diskutieren. Hätt ich auch Bock drauf. Leider ist die Diskussion an einigen Stellen dermaßen von der Sachebene weggerutscht, dass ich da grad kein Bock mehr drauf hab. Aber du schreibst ja oben schon, dass es in dieser Sache kein dialogisches Prinzip geben kann. Schade
Hallo Konrad, danke für deine Antwort,
genau darum geht es mir: In Sachen Menschenrechtsverletzung gibt es keinen Dialog, keinen Kompromiss.
Gerne schließe ich mit den Worten von Annemarie Selzer, wobei für mich, siehe UN-Kinderrechtskonvention, KRK (engl. CRC), Kind „jeder Mensch [ist], der das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat“ (a child means every human being below the age of eighteen years).
„Es gibt keine einvernehmliche sexuelle Beziehung zwischen Kindern und Erwachsenen. Auch nicht unter dem Begriff des ’pädagogischen Eros‘, der über Jahrzehnte das Leitmotiv vieler jugendbewegter Gruppen war und nicht selten als Legitimation für sexuelle Übergriffe diente.“ (taz vom 11.06.2013, von Christian Füller: Wandern und vögeln.)
Da core. Unbestritten (bis auf die Kind Definition, da gibts auch andere). Keine Diskussion. Darum ging es mir auch nie. Mir geht es um die Modalitäten der Aufarbeitung.
Ich finde die Frage nach der Modalität der Aufarbeitung gerade sehr spannend. Nicht in Bezug auf Burg Balduinstein, denn da gebe ich Almi recht, solange dort keine wirklicher Wille ist, den Opfern zuzuhören und sie, wenn sie es versuchen mit distanzierten Antworten abgespeist werden, solange, ihr Archiv nicht zugänglich gemacht wird, solange es von dort Unterlassungsklagen gibt und der Weg ist, so zu tun, als sei jetzt mit dem neuen Schutzkonzept alles Schnee von gestern, solange macht das keinen Sinn.
Aber ich finde es generell interessant, wie eine gelungene Aufarbeitung entstehen kann, die so läuft, dass die Betroffenen hinterher im großen und ganzen damit zufrieden sind und vielleicht damit ein Stückweit Heilung entstanden ist.
Bisher gibt es wenig bis keine mir bekannte Institution bei der das gelungen wäre.
Dabei füllen die Berichte über Aufarbeitung seit 2010 inzwischen viele Regalmeter. Aber wenn es wirklich ans eingemachte geht, wenn bekannte, charismatische Personen in der eigenen Institution oder Wissenschaft oder Behörde plötzlich in Verdacht geraten, dann ist es schnell vorbei mit der transparenten Aufarbeitung.
Und natürlich bei der Frage der Entschädigung. Wobei die aus meiner Sicht bei den Bünden eh irgendwie an der falschen Adresse ist, weil die Bünde ja zumeist von der Hand in den Mund leben und sich schneller gründen und auflösen, als eine Generation darin groß wird. Das spielt höchstens bei den großen Verbänden eine Rolle.