Rheinischer_Singewettstreit_2014_2

So war der Rheinische Singewettstreit 2014

„Wenn junge Leute mit Halstüchern und jene, die schon etwas älter geworden sind, die Straßen beleben und Lagerfeuer die Burg erhellen, dann ist wieder Singewettstreit in Sankt Goar!“ Mit diesen Worten bedankte sich der ausscheidende Stadtbürgermeister von St. Goar, Walter Mallmann, für den Singewettstreit, der ihm jedes Jahr einen wunderbaren Tag beschehrt habe und bekam zum Abschied dann einen selbstgebackenen Schokoladenjurtenkuchen überreicht.Bei so einem Bericht von einem Singewettstreit weiß man ja nicht recht, womit anfangen. Deshalb halte ich zunächst einmal fest, dass er an musikalischer Qualität im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugelegt hat. Der Veranstaltungsort in Sankt Goar mit Unterkunft, Flohmarkt und Nachfeier auf der Ruine Rheinfels und dem Singewettstreit in der Kath. Pfarrkirche ist ja sowieso nicht zu toppen. Der Flohmarkt fand dieses Jahr im Gewölbe der Rheinfels statt. Das war zwar regensicher, aber etwas dunkel und vor allem viel Schlepperei für die Verkäufer. Pastor Weber, in dessen wunderschönen Kirche der Singewettstreit dieses Jahr am 26. April wieder stattfinden konnte, freute sich nicht nur über die vollen Bänke, die er sonst nicht oft zu sehen bekäme, sondern stellte auch fest „Wo Pfadfinder sind, ist Leben!“.

Rheinischer_Singewettstreit_2014Mickel, der wieder die schwierige Aufgabe hatte, durch einen inhaltlichen Beitrag zu glänzen, setzte seine Rede vom vorherigen Jahr fort. Und wie das so ist, wenn man echte Themen aufgreift, gab es hinterher, also nach dem Singewettstreit, darüber viel zu diskutieren. Seine Rede kann praktischerweise unter www.rheinischersingewettstreit.de nachgelesen werden. Seine These, dass der erste Feind der Kunst die Langeweile sei und seine persönliche Schilderung einer nicht enden wollenden, nichtssagenden Rede löste durchaus vereinzelt Heiterheit aus. Wenn das von ihm beabsichtigt war, käme es einem Geniestreich gleich und wäre deutliches Zeichen einer löblich-selbstironischen Haltung. Der übrige Inhalt der Rede aber stellte eben dieses deutlich in Frage. Leider dürfte der Großteil der Anwesenden überhaupt nicht gewusst haben, wovon er redete, wenn er jene, die „durch fragwürdigste, abstoßend boshafte Druckerzeugnisse […] Bünde, bündische Initiativen und bündische Persönlichkeiten auf infame und ehrabschneidende Weise“ heftig kritisierte. Ich vermute, er zielte damit auf die Urheber der Satirezeitschrift „Bidet und Verwesung“ bzw. des „Burgtoten“ ab und löste ungewollt eine erhöhte Nachfrage nach eben diesen Druckerzeugnissen aus. Inhaltlich konnte ausgerechnet mit seinen eigenen Worten gekontert werden: Der vierte Feind der Kunst heißt Neid und Missgunst. Gemäß Tucholsky darf Satire (auch das ist eine Kunst!) bekanntermaßen sowieso alles. Die satirisch-bündischen Umtriebe bekamen jedenfalls durch ihre Nennung eine ganz große Bühne; ob sie diese wirklich verdient haben, liegt wohl im Auge des Betrachters.

Doch kommen wir zum eigentlichen: Dem Singewettstreit selbst. Wie eingangs erwähnt, legte er von der musikalischen Qualität deutlich zu, aber auch von den Besucherzahlen. Mit 750 Personen in der Kirche war diese bis „Unterkante Oberlippe“ gefüllt. Positiv fielen mir in dem Gedränge die Besucher der DPSG Stamm Hassel auf, die, nachdem alle Sitzplätze belegt waren, selbstverständlich aufstanden und älteren Besuchern ihre Plätze anboten. Die übrigen Pfadfinder nutzen hingegen diesen Moment, die Fugenritzen des Bodens intensiv zu inspizieren.

Rheinischer_Singewettstreit_2014_2Rein subjektiv habe ich von den sechszehn teilnehmenden Gruppen auf der Bühne sieben als „Sehr gut“ empfunden, Ausreißer, bei denen man sich fragte, wer die denn auf die Bühne gelassen habe, waren diesmal keine dabei. Über die Jahre hinweg ist auch gerade bei der regelmäßig teilnehmenden Gruppe aus Königswinter-Oberpleis eine deutliche Aufwärtstendenz zu beobachten. Lustig war es bei der Vorstellung der Jury, dass bei den Vertretern aus dem BdP detailliert dargelegt wurde, was sie für die Jury qualifiziert, während es bei den Jurymitgliedern aus dem DPB oder den Weinbachern offensichtlich reichte, ihren Bund zu nennen. Das ist ungemein praktisch, ich beherrsche selbst nämlich kein Instrument, singen kann ich auch nur so lala, aber dank meiner Bundeszugehörigkeit (DPB) bin ich offensichtlich qualifiziert genug, eine Meinung abgeben zu dürfen, die da lautet: „Die Trompete vom VCP Aachen hat mir gefallen, obwohl sie noch nicht perfekt war, der DPB hat verdientermaßen abgeräumt, die Jungs von der Jungenschaft Volundr aus Bonn sind einfach großartig.“ Die Wissenden amüsierte die Frage von Wolle aus dem Orga-Team an die Schwarzen Adler, ob sie nun eigentlich Stamm oder Mädelschaft seien. Selbstverständlich handelt es sich einfach um „die“ Schwarzen Adler, weshalb sie auch selbstverständlich jedes Jahr aufs Neue in der Kategorie „Stämme“ auftreten und nicht etwa als Zusammenschluss einer Mädelschaft und einer Jungenschaft in der Kategorie Singekreise.

Die erzielten Platzierungen sind dem bereits veröffentlichtem Beitrag zu entnehmen. Am meisten gefreut hat sich wohl die inzwischen Freie Fahrtengruppe Thyra mit ihrer Punktlandung auf dem von ihnen favorisierten zweiten Platz, denn sie waren scharf auf die Gitarre. (Da verzichten man dann auch gern auf die Darbietung von Zweistimmigkeit, denn das würde ja das Risiko des ersten Platzes und einer zum Bestand inkompatiblen Kohte mit sich bringen?!).

Die Nachfeier war im Verhältnis zu dem Gedränge, das zuvor in der Kirche geherrscht hatte, diesmal erstaunlich dezentral. Im Gewölbe konnte man sich tatsächlich noch um die eigene Achse drehen und sein eigenes Wort verstehen. Offensichtlich zogen viele den Volkstanz oder eine der intimeren, kleineren Singekreise in den Jurten oder anderen Gewölben dieser zentralen Gesangs-Nachfeier vor. Trotzdem war bereits vor ein Uhr der trockene Weißwein ausverkauft, das geht natürlich gar nicht! Zum Ausgleich war der Streuselkuchen am nächsten Morgen aber noch backwarm, herrlich. Was soll ich hier noch viele Worte verlieren, wir sehen uns nächstes Jahr wieder am 25. April 2015, gleiche Zeit, gleicher Ort.


Beitrag veröffentlicht

in

, ,

von

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert